hallertau.info News

Ein Freisinger in Berlin

(Berlin/Wolnzach, hr)

Man kennt den Deutschen Bundestag - aus der Tagesschau, aus Zeitungen und nicht zuletzt aus dem Internet. Jeder hat schon einmal die Reden der Abgeordneten verfolgt und sei es nur in den täglichen Nachrichtensendungen. Doch wie wird in Berlin eigentlich Politik gemacht und vor allem wie verändert Politik die Menschen? Dieser Frage sind wir in der Hauptstadt auf den Grund gegangen.


Berlin - eine pulsierende Metropole, eine Stadt die buchstäblich niemals schläft. Ob Künstler, Musiker oder auch Schriftsteller sie alle scheinen fasziniert zu sein von der Stadt, die niemals ist, sondern immer nur wird. Dieser Satz trifft aber eben nicht nur auf Kunst und Kultur, sondern in besonderem Maße auch auf die Politik zu. Sie ist es, die die Richtung unserer Gesellschaft vorgibt, Gesezte beschließt und die Zukunft gestalltet.


Wenn man in Müchnen vom Maximilianeum beeindruckt war, so ist man in Berlin schlicht weg überwältigt. "Ich war selbst fasziniert, als ich zum ersten Mal im Plenarsaal stand", so Erich Irlstorfer. "Zurvor kannte ich diesen Ort wie die meisten hauptsächlich aus Fernsehbildern." Doch eben dieser Ort wurde mit der Wahl im Spetember 2013 zu seiner neuen Wirkungsstätte. Der Freisinger CSUler hatte sich das Direktmandat gesichert und den Einzug in den Deutschen Bundestag geschafft.


"Natürlich freut man sich, wenn man so ein überragendes Ergebnis erzielt, doch am Ende überwog nicht der Jubel, sondern vor allem die Demut." Mit 52,9 Prozent von den Freisingern und Pfaffenhofenern gewählt, ist das auch der direkte Auftrag in Berlin für die Interessen der eigenen Wählerschaft zu kämpfen. Nicht immer eine leichte Aufgabe. Anders gesagt, kaum in der Hauptstadt angekommen zeigte sich, welche Bretter gebohrt werden mussten. Ganz oben auf der Agenda stand hierbei der lange versprochene Lärmschutz an der A9. "Das war keine einfach Aufgabe", so der Politiker.


Gerade das Urteil, das diesbezüglich in der Vergangenheit gefällt wurde, entpuppt sich dabei als sehr großes Hemmnis. Nichtsdestotrotz erwarteten die Menschen an der Autobahn, dass auch dort die gegebenen Versprechen gehalten werden und man in Schweitenkirchen nicht länger Bürger zweiter Klasse ist. Mit diesem Auftrag, aber auch mit dem klaren Ziel "kein Mitläufer, kein Hinterbänkler" sein zu wollen, trat der Freisinger in Berlin an und musste schnell feststellen: Abgeordneter ist kein Lehrberuf!


Kaum ein Tag vergeht, da Irlstofer nicht Gesetzesvorschläge, Zeitungsartikel und wissenschaftliche Dossiers liest. Ob in seinem Büro in Berlin oder zu Hause in Freising: Bundestagsabgeordneter ist ein Fulltimejob, der ihn auch in der "Freizeit nicht loslässt. Nicht immer ist er über seine Entscheidung glücklich, denn gerade seine Familie muss wegen seines Mandates viele Opfer bringen. 22 von 52 Wochen lebt Irlstofer in Berlin, fern von seinem Wählkreis und fern von seiner Familie.


Es ist der Preis, der gezahlt muss, wenn man etwas in der Gesellschaft verändern will. Und mitgestalten wollte Irlstorfer vom ersten Augenblick. Vor allem die Pflegeberufe lagen ihm dabei sehr am Herzen. "Ich habe in meinem Beruf bei der AOK miterleben dürfen, welche Auswirkungen Gesetze ganz konkret auf die Betroffen haben können", erklärte er. Genau diese Misstände wollte der Christsoziale beheben. Den Erfolg, den er auch für sich verbuchen kann ist nicht nur das Pflegestärkungsgesetz, sondern auch die Reform der Ausbildung in diesem Berufszweig. Zwei Jahre soll der künftige Nachwuchs gemeinsam lernen, ehe man sich in einem der Bereiche - Kranken-, Kinderkranken-, und Altenpflege - spezialisieren muss. "Dass dieses Gesetz noch in dieser Legislatur verabschiedet werden kann, dass ich neben der Sträkung der Pflege an sich, einer der größten Erfolge", erklärt er.


Doch in der Politik - auch in Berlin - erlebt man nicht nur Höhen, sondern eben auch Rückschläge. Die Olympiabewerbung Hamburgs war für den Freisinger, der im Sportausschuss sitzt, einer. "Dass es uns nicht gelungen ist, die Menschen von dieser Idee zu überzeugen, das hat mich sehr gewurmt", gibt er unumwunden zu. Aus seiner Sicht wäre Olympia in Hamburg nicht nur eine große Sportveranstaltung gewesen, sondern hätte Hamburg durch die zahlreichen Bauprojekte ein neues Gesicht gegeben. Doch so sehr ihn diese Entscheidung heute noch wurmt, so eindeutig war letztlich das Votum der Hamburger selbst. Mit 51,6 Prozent votierten die Hanseanten gegen das Sportevent.
Zeit den verlorenen Chancen hinterherzutrauern bleibt in Berlin dabei nicht. Zu groß sind die Probleme, die gelöst werden wollen. Flüchtlinge, Zuwanderung, Syrien und weitere Krisenherde oder schlicht und ergreifend die Europäische Union, die sich nach ihrer Gründung 1954 derzeit in ihrer schwersten Krisen befindet. All das sind Themen, mit denen sich der Freisinger auseindersetzen muss.


"Was einem dieser Beruf abverlangt, ist enorm", so Irlstorfer. Damit verwies der CSUler nicht nur auf den Aufwand, den ein Bundestagsabgeordneter betreiben muss, um in den Themen mitreden zu können, sondern mehr seinen persönlichen Anspruch als Abgeordneter auch bei seinen Wähler present zu sein. Nicht selten steigt er nachmittags in einen Flieger von Berlin zurück in den Wahlkreis, um am Abend auf einer Veranstaltung eines Ortsverbandes zu sprechen und danach wieder nach Berlin zu reisen. Neben dem Tagesgeschäft als Parlamentarier kommen so rund 100 Termine in den einzelnen Ortsverbänden. "Gerade weil ich mich in allererster Linie den Menschen in meinem Wahlkreis verpflichtet sehe, sind mir Veranstaltungen in den einzelnen Ortsverbänden sehr wichtig", erklärt er. Nicht selten geht ein "normaler Arbeitstag weit über acht Stunden hinaus. "Abgeordneter zu sein, ist ein Beruf, der nicht nur einem selbst, sondern gerade auch seinem Umfeld vieles abverlangt", so Irlstorfer kritisch. Doch es ist eben auch ein Beruf, der ihm die Möglichkeit gibt ein Stück weit an den Entwicklungen der gesamten Geschellschaft mitzuwirken.


Eines ist dem Freisinger dabei besonders wichtig: authentisch zu bleiben! Und so steht bei ihm - obwohl sich die Bundesregierung aber auch das Land Bayern für einen weiteren Ausbau des Münchner Flughafens ausgesprochen hat, sein klares Nein dagegen. "Man muss hier fair mit den Menschen der Region umgehen", so Irlstorfer. Doch gerade jene Fairness, die der Parlamentarier hier fordert, ist aus seiner sich nicht gegeben. Und so steht der Freisinger in dieser zentralen Frage gegen seine eigene Partei.
Es menschelt eben - sowohl im Betrieb um die Ecke, als auch in Volksparteien. Seinem eigenen Anspruch, frei und ungebunden im Parlament agieren zu können, tut das aber keinen Abbruch. "Am Ende bin ich meinen Wählern und keiner Lobby oder Gruppierung verpflichtet", so Irltstorfer.
 

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.