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Wolnzach im Zeitalter der alternativen Realitäten

(Wolnzach, Ein Kommentar von Harald Regler)

„Die Wahrheit einer Aussage tritt hinter den Effekt der Aussage auf die eigene Klientel zurück.“ Mit diesen Worten wird heute gerne die politische Realität beschrieben. Millionen sollen nach Auffassung des US-Präsidenten seiner Amtseinführung beigewohnt haben – so zumindest die Faktenlage, wenn man den Aussagen seines Teams Glauben schenkt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Doch was zählen Fakten im Zeitalter des Postfaktischen? Diese Frage muss man sich nicht nur in Sachen Donald Trump stellen, sondern auch dann, wenn man sich mit den Äußerungen Wolnzacher Gemeinderäte auseinandersetzt.

Es ist eine lange Liste an Projekten, bei denen Gemeinderat Matthias Boeck (FDP-UW-BGW) ein Fehlverhalten der CSU und der Freien Wähler festgestellt haben will. Angefangen von der Flüchtlingshilfe über den Neubau am Bräustüberl, die Kläranlage, die Kapuzinerhalle, den Rathausplatz bis hin zur Marktentwicklungsgesellschaft. Aus seiner Sicht alles „visionslos“.

Doch was sind die Visionen für Wolnzach? Eine MEG, die Hallen für Firmen baut, auch wenn dies nicht mit EU-Recht vereinbar ist? Eine Tiefgarage, die baurechtlich nur schwer umsetzbar wäre und obendrein viel Geld kosten würde? Oder einfach ganz pauschal 100.000 Euro für Flüchtlinge? Dass die reinen Fakten eine andere Sprache sprechen, das scheint – wie in so vielen Beispielen – keine Rolle zu spielen. Auch im Fall der Goiglmühlbrücke lässt sich das belegen. Dass bereits 2002 festgestellt wurde, dass die Brücke ausgetauscht werden muss, dass die Fundamente auf einem torfigem Grund stehen und dass es nicht möglich ist, am Bestand einen Radweg anzuschließen – das sind nur einige der Tatsachen. Auch dass jegliche Planung in diesem Bereich mit drei weiteren Fachbehörden zu koordinieren ist, wird dabei getrost ignoriert.

Vielmehr präsentierte die Fraktion der FDP-UW-BGW den Vorschlag, die Straße zwischen dem Schwimmbad und dem Baumarkt hindurchzuführen. Dass man sich dort aber mitten im Bereich der renaturierten Wolnzach befände und noch nicht im Ansatz ein Gespräch mit dem Wasserwirtschaftsamt geführt hat, ob dies überhaupt möglich wäre, man überdies einen gerade erst erbauten Radweg zum Schwimmbad erneut umbauen müsste, um mit der Brücke dann direkt vor der Wand zweier Lagerhallen zu enden … auch das sind wohl unbedeutende Tatsachen.

Sind das die Visionen für Wolnzach? Visionen, die eher als Seifenblasen zerplatzen, als Realität zu werden? Doch darum geht es in diesem Fall auch nicht. Vielmehr soll blockiert werden, was zu blockieren geht. So ist in den vergangenen Jahren ein Klima entstanden, in dem augenscheinlich eine konstruktive Politik kaum mehr möglich ist. Die E-Mail, die seitens FDP-UW-BGW-Fraktionsführer Matthias Boeck vor kurzem versandt wurde, ist hier nur die jüngste von bisher unzähligen Spitzen. Das Feindbild scheint dabei klar: Bürgermeister, Verwaltung und die CSU. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von einem „negativen Kristallisationspunkt“.

Inwieweit man hier überhaupt generell noch von einer Möglichkeit konstruktiver Politik sprechen kann bleibt letztlich dahingestellt, denn nur eines scheint im Zeitalter des Postfaktischen noch wichtig zu sein: Unmut zu schüren! Verwunderlich ist in diesem Zuge allerdings, dass dies gerade unter dem Deckmantel der FDP passiert. Einer Partei, die über viele Jahrzehnte die Grundwerte der Bundesrepublik aufgebaut und mitgestaltet hat.
 

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