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Wirtschaftlich irrational

(Pfaffenhofen, hr)

Windenergieanlage am Lustholz

Sollen in Pfaffenhofen drei weitere Windkraftanlagen gebaut werden? Vor dieser Frage stehen die Pfaffenhofener derzeit. Während das Bündnis von Stadtverwaltung, Rückenwind und Bürgerenergiegenossenschaft kräftig für das Projekt trommelt, hat sich auch Widerstand formiert.

„Wir wollten unsere Bedenken eigentlich im Rathaussaal vortragen, doch anders als der Bürgerenergiegenossenschaft wurde uns der Zugang mit dem Satz, wir seien kein eingetragener Verein verwehrt“, so Martin Ott. Dabei hat gerade die Gruppe, die sich unter dem Namen „Gegenwind“ formierte, durchaus berechtigte Bedenken hinsichtlich dieses Projektes und steht damit auch keineswegs alleine da, denn zur Informationsveranstaltung in den Stockerhof waren rund 150 Pfaffenhofener gekommen.

Wenig Wind – wenig Ertrag

Wie sinnvoll ist der Bau von Windenergieanlagen? Diese Frage stand im Zentrum des ganzen Abends. Und dafür hatte sich die Gruppe Verstärkung geholt. Walter Schorsch aus Hof, dem Landkreis mit den meisten Windrädern in Bayern, präsentierte doch auch erstaunliches Zahlenmaterial. Vor allem hatte er dabei nicht nur den bayerischen Windatlas, sondern auch Zahlen der beiden Anlagen bei Schweitenkirchen im Gepäck. Laut den Aussagen dort liegen die Vollaststunden im Raum Schweitenkirchen und Pfaffenhofen in einer Höhe von 130, aber auch 160 Metern, bei 1.800 pro Jahr. Die beiden Anlagen in Sünzhausen und Dürnzhausen liegen weit unter den im Windaltas festgehaltenen Referenzdaten. 2011 erwirtschafteten die beiden Anlagen 1230 bzw. 1301 Volllaststunden. Damit lagen sie bei einem Referenzertrag von 52% und 55%. „Bei einem Wert von unter 60% ist die Wirtschaftlichkeit dieser Anlage in Frage gestellt“, so der Ingenieur aus Hof. „Man könnte rein aus Gründen der Wirtschaftlichkeit dort die Bücher schließen.“

Grundsätzlich sieht aber Walter Schorsch nicht nur die Windenenergieanlagen im Raum Schweitenkirchen durchaus kritisch, sondern die Windenergie in Bayern ganz generell. 2014 produzierten 735 Anlagen insgesamt nur 1,94% des gesamten bayerischen Strombedarfs. So stellt sich für ihn die Frage, ob dieser finanzielle Aufwand der dort betrieben wird, am Ende bei dem, was unterm Strich steht, gerechtfertigt ist, obwohl es gerade für den Strom aus Windrädern keine geeigneten Speichermöglichkeiten gibt.

Bürger zweiter Klasse?

„Warum man dies in Pfaffenhofen trotz aller Bedenken verfolgt, ist für uns unverständlich“, so Martin Ott. Gerne werden die Gegner solcher Anlagen als Befürworter der Atomkraft bezeichnet. Dies suggeriert auch ein Werbespot der Stadt. In diesem steht der Rathauschef ganz bewusst vor einem Atomkraftwerk. Doch anders als vielleicht von den Befürwortern dargestellt, sind Marion Sieber, Martin Ott und die Mitstreiter keineswegs Verfechter von Atomkraft. Ganz im Gegenteil auch sie stehen, wie viele in Deutschland, hinter der Energiewende. Doch gerade vor dem Hintergrund dieses Mammutprojektes fordern sie mit Bedacht vorzugehen. „Es muss doch auch die Zeit geben, Projekte kritisch zu hinterfragen“, so Ott weiter. Doch genau dies ist augenscheinlich in Pfaffenhofen nicht der Fall. Dort werden die Gegner nicht nur mit Atomkraftbefürworter gleichgesetzt, sondern am Ende gar noch herabgewürdigt, obwohl auch sie ebenso wie die Befürworter ein Anrecht darauf haben ihre Bedenken zu artikulieren. Und dabei richtete er seinen Blick nicht nur nach Berlin, wie so manch anderer Gegner der kolossalen Bauwerke, sondern direkt auf das Rathaus vor Ort.

„Ist es demokratisch, dass die, die es am stärksten betrifft, erst ganz am Ende eingeweiht werden!“. Ott spricht auch in diesem Zusammenhang wieder von Bürgern erster und zweiter Klasse. Man fühlt sich nicht nur in Förnbach, Streitdorf und den anliegenden Ortschaften übergangen, sondern es ist nach den Aussagen auch zu befürchten, dass im Stadtgebiet weitere Anlagen geplant und gebaut werden sollen. „Wenn wir mit ja stimmen, ist das auch ein Signal für die Zukunft“, so Martin Ott, der am Ende für die Stimme der Vernunft und ein Nein bei der Abstimmung 23. Oktober warb.
 

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