Bayerisch traditionell und doch modern!
(Wolnzach, hr)Die IRXN auf der Kreutalm: dort wurde der Bavaria Vista Club aus der Taufe gehoben
„Oane moan i pack i no!“ Nein in diesem Fall ist es, obwohl es durchaus möglich wäre, kein Wolnzacher auf dem Hallertauer Volksfest, der eine frische Maß bestellt, sondern ein Song der bayerischen Band OANSNO. Einer mit Ohrwurmcharakter und bei dem das Publikum regelmäßig Kopf steht. Doch im Radio sucht man dieses Lied fast vergebens. So wie den Jungs um Michi und Philipp geht es vielen Bands, die abseits des Mainstreams auf ihre musikalischen Wurzeln setzen. Nicht nur bei den arrivierten Sendern, sondern auch bei vielen kleineren Formaten bekommen sie kaum Airtime und somit scheint in Bayern augenscheinlich die musikalische Vielfalt unter dem Schleier der Popmusik in Vergessenheit zu geraten.
„Oftmals fehlt den Sendern der Mut“, erklärt Christoph Bühring-Uhle. Er ist nicht nur Musikproduzent, sondern hat auch gemeinsam mit Walter Steffen in Anlehnung an den Buena Vista Social Club den Bavaria Vista Club aus der Taufe gehoben. „Die Idee entstand schon lange vor dem gleichnamigen Film“, fügte er an. Schon damals hatte er zahlreiche bayerische Bands unter Vertrag. „Persönlich war ich völlig erschlagen, dass es in Bayern so viele, und vor allem gute Bands gibt“, so Walter Steffen. Eine Bühne für diese Bands gibt es aber kaum. „Bei den großen Sendeanstalten herrscht die These vor, dass das Publikum bei unbekannten Bands abschaltet“, erklärt Bühring-Uhle. Und so wird dort auf bereits bekannte und Mainstream konforme Musik gesetzt.
Damit blendet man aber gleichzeitig eine unglaubliche musikalische Vielfalt aus. „Was ist Bayern?“, diese Frage stellt der erfahrene Musikproduzent durchaus etwas provokant in den Raum. Die Antwort darauf ist meist einfach: Tradition und ein Lebensgefühl. Genau dieses bayerische Lebensgefühl transportieren diese Musiker, jeder auf seine ganz eigene Art. „Volksmusik wird auch heute gerne in einen Topf mit Karl Moik oder Florian Silbereisen geworfen.“ Ein weiterer Versuch einer Erklärung.
Doch gerade mit der eher seichten, vom Pop angehauchten volkstümlichen Musik, die gerne mal an Silvester über die Bildschirme flimmert, wollen sich viele seiner Musiker nicht vergleichen. „Diese Musik hat mit dem eigentlichen Gedanken von Volksmusik wenig zu tun“, so Reinhold Alsheimer, Gitarrist der IRXN. „Für uns stehen die alten Wurzeln der Volksmusik im Zentrum.“ Es ist ein Brauch, der heute lange vergessen scheint, gemeint ist einfach das gemeinsame Musizieren. „Man spielt in einem Wirtshaus und alleine aus der Situation heraus entwickelt sich ein Lied. Man interpretiert es, erfindet auf die Schnelle einen neuen Text oder arrangiert es ganz anders“, fügt er an. So werden die Wurzeln lebendig und es entsteht dennoch ein neuer, ein anderer, vielleicht auch ein erst einmal ungewöhnlicher Sound – ganz abseits des Mainstreams.
„Genau das ist Bavaria Vista“, erklärt Christoph Bühring-Uhle. Es ist eine Musik, die das bayerische Lebensgefühl im Herzen trägt. Man könnte durchaus sagen, ein modernes Selbstbewusstsein eingedenk der bayerischen Wurzeln erstarkt erfährt gerade eine gewisse Renaissance – und das nicht nur aber eben auch im Bereich der Musik. Ganz selbstverständlich trägt heute auch die Jugend wieder Tracht. Lederhose, Turnschuh und T-Shirt, das ist modern. Und so ist man sich dort des Brauchtums bewusst, übernimmt es aber nicht einfach von den Eltern oder Großeltern, sondern entwickelt es weiter und passt es an. „Auch die Volksmusik ist lebendig und verändert sich“, fügt der Produzent an. „Melodien kommen nicht aus der Mode, es sind schon eher die alten Texte über die man durchaus mal den Kopf schütteln kann.“
Ein Satz, den Reinhold Alsheimer nur unterstreichen kann: „Viele unserer aktuellen Songs gehen auf alte Volkslieder zurück. Polska – ein ganz alte Melodie mit viel Tradition. Aber wir spielen diese Lieder nicht einfach, sondern wir sehen die Noten, spüren die Melodie und erwecken sie in einer neuen und anderen Form wieder zum Leben. Das ist für uns Volksmusik.“ Also nichts, was statisch ist, und ewig gleich bleibt, sondern sich ständig im Fluss befindet, sich verändert aber doch auf gewisse Art gleich bleibt. Bavaria Vista eben!
„Leider jedoch findet diese Art der Musik viel zu selten Eingang in die Sendungen in Radio und Fernsehen.“ Eine Situation, die den Wolfratshauser Musikproduzenten doch ein wenig nachdenklich stimmt. „Man ist dort kaum noch bereit Risikos mit unbekannten Bands einzugehen.“ Eine Tendenz, die er übrigens nicht nur bei den großen und bekannten Sendern feststellt, auch kleinere vermeintlich regionale Sender haben wenig Formate, in denen die neue bayerische Volksmusik ihren Platz findet.
„Gerade aus diesem Grund war für uns der Film von Walter Steffen so wichtig“, erklärt Alsheimer. Er hat die Volksmusik aus einem völlig anderem Blickwinkel gezeigt und eben Bands wie IRXN, Zwoastoa und Zwirbldirn in den Fokus gerückt. „Der Zuspruch war wirklich enorm“, fügt Bühring-Uhle an. So ist in Bayern etwas in Bewegung geraten. „Bavaria Vista ist heute ein Jahr nachdem der Film in den Kinos war, zu einer Marke und zu einer Heimat für viele bayerische Musiker geworden.“
„Auch ich habe den Film im Wolnzacher Kino gesehen und war begeistert“, so Bürgermeister Jens Machold. Eine Begeisterung, die man auch heute beim Wolnzacher Rathauschef noch spürt. „Es ist einfach eine Musik, die unser bayerisches Lebensgefühl und unsere Vielfalt perfekt zum Ausdruck bringt“ fügt er an. Und so freut man sich im Herzen der Hallertau, zum ersten Festival „Wolnzach klingt“ mit Sauglocknläutn, IRXN und OANSNO, drei Bands im Line-Up zu haben, die für die Avantgarde der Volksmusik stehen.
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