Eine Sitzung vor der Sitzung!
(Wolnzach, hr)
Foto: Archiv/Regler
Politisch gehört das Streiten zum Tagesgeschäft, doch was in Wolnzach abläuft, das steht auf einem ganz anderen Blatt. So fordert die Opposition aus SPD und FDP-UW-BGW eine eigene Sondersitzung vor der am Donnerstag stattfindenden Gemeinderatssitzung. Ein entsprechender Antrag erreichte die Verwaltung am Gründonnerstag. Eine Chronologie Wolnzacher Politik!
Ja, die Baulandpolitik! Ein Thema, das wirklich nicht einfach ist, denn ob eine Kommune in ein „Einheimischenmodell“ etablieren kann, das hängt heute nicht mehr nur von der deutschen, sondern vielmehr von der europäischen Rechtslage ab. Und hier hat der Europäische Gerichtshof eindeutig Stellung bezogen: „Insbesondere aus Sicht des EU-Rechts ist dies (Einheimischenmodell) nicht unproblematisch. So läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland“, heißt es im Urteil aus dem Jahre 2013. Konkret wird mit den Modellen gegen Diskriminierungsverbot, sowie das allgemeine Freizügigkeitsrecht, die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen.
Vor diesem Hintergrund waren folglich alle in Deutschland praktizierten Modelle vom Tisch gewischt. Dennoch gab es aber von kommunaler Seite das Bestreben ein Modell zu entwickeln, welches dem EU-Recht standhält. Eines, das hier vom Bayerischen Gemeindetag ausdrücklich begrüßt wurde, ist das Modell der Kreisstadt Pfaffenhofen. Auch aus diesem Grund wurde der Rechtsanwalt Dr. Max Reicherzer, der die Statuten dort maßgeblich mitentwickelt hat, gebeten dies auch für Wolnzach zu tun. Die entsprechenden Ergebnisse – das heißt auch die Grundlagen, unter welchen Bedingungen die Kommune Bauland erwerben und wieder veräußern kann – darüber wurden alle Fraktionen bereits am 29. September des vergangenen Jahres informiert. Mehr als eine Woche zuvor stimmte der Gemeinderat mehrheitlich für die von Dr. Max Reicherzer vorgeschlagenen Kriterien zur Baulandabgabe.
Somit hat der Gemeinderat folglich auch schon seinen Willen über die künftige Baulandpolitik mehr als deutlich kundgetan. In der Folge würde also – nach dieser Willensäußerung im September – der Fokus auf der Beschaffung und damit einer entsprechenden Quote liegen, wie viel der Markt als Bauerwartungsland erwerben kann. Und hier gibt es durchaus unterschiedliche Zahlen. In Pfaffenhofen liegt diese aktuell bei 50%. In Wolnzach befindet man sich noch in der „Diskussion“, wenn man das so nennen will.
Natürlich ist dies keine einfache Entscheidung und so sollte es bereits am 18. Februar diesbezüglich eine Sondersitzung geben zu der auch der Jurist Dr. Max Reicherzer eingeladen gewesen wäre. Diese musste jedoch aufgrund zahlreicher Absagen von den Gemeinderäten verschoben werden. In der Märzsitzung teilte dann Bürgermeister Machold auf Anfrage von Werner Hammerschmid mit, dass man mit dem Rechtsanwalt in Kontakt stehe und das Thema dann voraussichtlich am 07. April auf die Tagesordnung setzen wird.
Damit ist aber das Thema in Wolnzach noch lange nicht beendet. Denn am Gründonnerstag erreichte die Verwaltung ein Antrag unterzeichnet von neun Gemeinderäten, die innerhalb einer Frist von 14 Tagen eine Sondersitzung zu eben genau dem Thema, das am 7. April ohnehin auf der Tagesordnung steht, fordern. Eine Forderung, mit der sich die Räte Rech und Wallner auch unmittelbar an die Regierung von Oberbayern gewandt haben. Nach Artikel 46 Absatz 2 Satz 3 der Gemeindeordnung fordern sie eine Sondersitzung innerhalb von zwei Wochen – folglich also bis spätestens am 6. April.
Da aber nun nach Ansicht der Rechtsaufsicht, die aufgeworfene Fragestellung ohnehin in der regulären Sitzung einen Tag später behandelt wird, sieht man seitens des Landratsamtes keine Fristverletzung.
Eines muss man sich am Ende mehr denn je fragen: Geht es eigentlich um die Sache, darum eine entsprechende Baulandpolitik für den Markt auf die Beine zu stellen, oder stehen politische Winkelzüge im Vordergrund, denn egal wie man das Blatt dreht und wendet, es geht jetzt ganz konkret um die Entscheidung, wie hoch die Abschöpfungsquote sein soll, also ganz konkret um eine Zahl und um keine Grundsatzdiskussion, denn die grundsätzliche Entscheidung, dass man in ein derartiges Modell einsteigen will, traf der Gemeinderat mit der Billigung der entsprechenden Auswahlkriterien.
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