Wie weit darf Gaudi gehen?
(Reichertshausen / Steinkirchen, rs)Das Netz scheint zu explodieren; die deutsche Presse-Agentur, Süddeutsche.de, die Zeit und die Huffington Post sind in heller Aufregung. Ein Panzer als Teil eines Faschings-Gaudiwurms, versehen mit den Aufschriften "Ilmtaler Asylabwehr", "Asylpaket III" und "Asyl wir schaffen das???" - das schlägt dem fröhlichen Faschingstreiben nun wirklich den Boden aus.
Schon als sich der Gaudiwurm durch die Straßen Reichertshausens, über die Gemeindeteile Grafing, Paindorf, Lausham und Pischelsdorf bis nach Steinkirchen schlängelte, waren zumindest vereinzelt Unmutsäußerungen von Zuschauern zu hören. Das sei geschmacklos, gerade in der augenblicklichen Situation; ob die AFD sich in den Zug eingeschmuggelt habe; oder einfach nur, das sei alles andere als lustig. Viele der Zuschauer am Straßenrand haben den Panzer vom Typ "Sturmgeschütz III (Sd.Kfz. 142)" mit seinen provokanten Sprüchen und Thesen möglicherweise gar nicht so richtig wahrgenommen, gerade die Familien mit ihren Kindern richteten ihre Augen auf die nachfolgenden, wesentlich farbenfroheren Gruppen und Fahrzeuge.
Was sich aber noch während des Sonntagnachmittags im Netz und den sozialen Medien tat, das haben die Veranstalter ganz sicher nicht vorher gesehen. Aufregungen und Diskussionen in Facebook, wie sie unser Landkreis wohl noch nicht erlebt hat, taten sich auf. Pfaffenhofen, Reichertshausen, Steinkirchen, das Ilmtal - in die gleiche Ecke gestellt wie Orte, in denen Asylbewerberheime niedergefackelt wurden. Von "Volksverhetzung" ist die Rede, die Polizei ist angebeblich in eine Beweisaufnahme zur Übergabe an die Staatsanwaltschaft Ingolstadt eingestiegen.
Der OCV Steinkirchen versuchte, über eine Durchsage auf der Bühne am Endpunkt des Faschingszugs Schadensbegrenzung zu betreiben. Man distanziere sich von rechten Parolen jedweder Art, der Verein begrüße ausdrücklich und wohlwollend die demnächst erwarteten Asylbewerber im Gemeindebereich und anderswo. Wer bei der Bewertung der Motivwagen für den Gaudiwurm 2016 die Augen zu sehr zugedrückt hat und etwaige Auswirkungen möglicherweise zu naiv eingeschätzt hat, das wird die Aufarbeitung in den nächsten Tagen ganz sicher versuchen aufzuklären. Wie der Imageschaden des Vereins, aber auch der Region behoben werden kann, das steht auf einem anderen Blatt. Zu große Wellen hat das Thema überregional in der Öffentlichkeit erzeugt, als dass man einfach zur Tagesordnung übergehen könnte.
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