Wirbel um vermeintliche Vergewaltigungen
(Pfaffenhofen, rt)
Zu Irritationen gekommen ist es bei so einigen Bürgern, als sie aus einem in einer Regionalzeitung veröffentlichten Interview erfuhren, dass es angeblich in Ingolstadt, Neuburg und Pfaffenhofen über Weihnachten und Silvester zu Vergewaltigungen gekommen sein soll. Die Polizei stellt klar, dass dies nicht den Tatsachen entspricht.
Andrea Teichmann ist unter anderem als Diplom-Sozialpädagogin und Fachberaterin für Psychotraumatologie beim Ingolstädter Verein „Wirbelwind“, der als Träger einer Fachberatungsstelle Anlaufstelle für Frauen bei sexueller Gewalt in der Region 10 ist. In dieser Eigenschaft gab sie einer hiesigen Lokalzeitung ein Interview und sagte demnach unter anderem wörtlich: „ ... Alle Welt regt sich über Köln auf, aber die Frauen, die jetzt in Ingolstadt, Pfaffenhofen oder Neuburg über Weihnachten oder Silvester vergewaltigt worden sind, bekommen keine fachliche, psychologische Unterstützung.“
Diese Aussage führte auch im Kreis Pfaffenhofen zu einer gewissen Verwunderung, da über derart gravierende Vorfälle in der Öffentlichkeit bis zum Erscheinen des Interviews am vergangenen Dienstag nichts bekannt war. Erste Gerüchte machten bereits die Runde, dass im Landkreis Pfaffenhofen eventuell eine oder gar mehrere dieser drastischen Straftaten vertuscht worden wären.
Michaela Grob, Sprecherin des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord, versichert, dass der Polizei für die Region 10 vom besagten Zeitraum bis heute keinerlei Vergewaltigungen oder sexuelle Nötigungen bekannt geworden seien. „Es gab keine entsprechenden Anzeigen“, stellt die Polizeisprecherin gegenüber Hallertau.info eindeutig klar.
Sozialpädagogin Teichmann erklärte auf eine entsprechende Anfrage unserer Zeitung schriftlich, wie sie zu ihrer Behauptung im besagten Interview gekommen ist: „Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik wurden im Jahr 2014 in Deutschland ca. 47.000 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst. Bei ca. einem Siebtel davon handelt es sich um Vergewaltigung bzw. Nötigung, unter die restlichen sechs Siebtel fallen sexueller Missbrauch von Kindern, Kinderpornografie u.a. ‚Runtergerechnet‘ auf die Region 10 mit ca. einer halben Million Einwohner/innen fallen hier also täglich statistisch erfasste durchschnittliche 0,8 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung an. In 14 Tagen über Weihnachten und Silvester macht dies rechnerische 11,2 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in der Region 10. Das sog. Dunkelfeld ist hier noch nicht mit gezählt. Man weiß aber, dass es um eine Vielfaches höher ist.“
Demnach hat Teichmann von der in Deutschland begangenen Gesamtzahl aller Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus dem vorvorigen Jahr lediglich „rechnerisch“ auf die Region geschlossen und damit für einigen Wirbel gesorgt. Denn der eine oder anderen Landkreisbürger war deswegen verunsichert und es wurde gleichzeitig der Verdacht genährt, dass gewisse Straftaten von den Behörden unter den Tisch gekehrt würden.
Dem ist jedoch keineswegs so und die Realität sieht eben ganz anders aus. Liest man sich nämlich die „Polizeiliche Kriminalstatistik“ des Bundeskriminalamtes für das Jahr 2014 genau durch, ist unschwer zu erkennen dass dort übers Jahr hinweg in der Region 10 insgesamt 20 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung registriert wurden: Und zwar waren dies Ingolstadt zehn derartige Tatbestände, in Neuburg-Schrobenhausen sowie Pfaffenhofen jeweils fünf. In diesen Zahlen enthalten ist jeweils ein als Versuch gelisteter Fall in Ingolstadt und Pfaffenhofen. Aufgeklärt wurden 90 Prozent der Fälle in Ingolstadt, in Neuburg alle und in Pfaffenhofen 80 Prozent. Ermittelte und jeweils männliche Tatverdächtige gab es in Ingolstadt neun, in Neuburg fünf und in Pfaffenhofen sieben. Darunter befanden sich in Ingolstadt zwei, in Neuburg ein und in Pfaffenhofen vier nichtdeutsche/r Tatverdächtige/r.
Unter den rund 47.000 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung werden allerdings noch weitere Delikte subsumiert, die nicht unter den Straftatbestand der Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung fallen und der nachstehenden Tabelle des Bundeskriminalamtes zu entnehmen sind. Unbestritten bleibt dabei jedoch, dass jede Einzelne dieser Taten eine zu viel ist.
Quelle: PKS Bundeskriminalamt, 2014
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