Die Ästhetik eines Windkraftrades und sonstige Bemerkungen zur Energiewende
Prominenten Besuch hatten sich die Organisatoren der "Energie für alle Woche" für den Mittwochabend eingeladen: Harald Lesch - Professor für Physik , Wissenschaftsjournalist und Fernsehmoderator - stellte seine "Bemerkungen zur Energiewende" im Stockerhof vor - in einer "Impulsrede ohne Powerpoint", wie er mehrfach betonte.
Ob beim Besucherandrang am Mittwochabend im Stockerhof wohl jeder einen Platz gefunden habe, machte sich Moderator Markus Käser vor Beginn des Hauptvortrags berechtigte Sorge. Der Saal war brechend voll, selbst auf der Galerie nahmen die Interessierten teil, zumindest konnten sie darüber den rhetorisch einwandfreien Worten des Professors Dr. Harald Lesch lauschen. Für den Gesamteindruck wären jedoch auch Mimik und Gestik wichtig gewesen, denn eines ist der Vortragende dort oben auf der Bühne gewiss: ein Medienmensch.
"Es geht um uns, es geht um die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder." machte Harald Lesch von Beginn an deutlich, dass die Zukunft der Energieversorgung in unserem Land, aber auch weltweit nicht von Politikern oder Lobbyisten gestaltet und geprägt werden dürfe. "Auch in den 50er-Jahren gab es schon Wind und Sonnenschein, stellen Sie sich einmal vor, wenn die damals statt auf Kohle und Erdöl schon auf die erneuerbaren Energien gesetzt hätten?" Europa wäre mit einem komplett anderen Energiesystem angetreten, der Netzausbau wäre verfügbar und "wir würden heute wohl alle Elektroautos fahren, weil wir so viel Strom hätten, dass wir gar nicht wüssten, wohin damit." Damit wären längst alle Probleme gelöst, vor denen wir heut stehen.
"Wenn ich etwas besitze und es verbrauche, dann ist es irgendwann weg." Was jedem Menschen völlig klar sei, werde bezüglich der fossilen Brennstoffe auf unserer Erde scheinbar wegdiskutiert oder zumindest argumentativ stark abgeschwächt. Außerdem verbrenne und verbrauche man hierbei etwas, was besser nicht geschehen solle, weil dieses in einem anderen Zusammenhang - dem Klimawandel nämlich - einen ziemlichen Schaden anrichte. "In Bayern merken wir die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt, und zwar über die Flüchtlingsströme, hervorgerufen, weil die Lebensbedingungen in Afrika immer schlechter werden." Natürlich würde kein Bootsflüchtling, der in Lampedusa ankommt, sagen er sei wegen des Klimawandels geflüchtet, vielmehr deswegen, weil er Hunger habe. Die eigentliche Ursache sei darüber nur indirekt adressiert.
In seinem Appell zur Nutzung der regenerativen Energie verwies Lesch immer wieder darauf, dass das bei weitem kein neuer Gedanke und auch keine neue Technologie sei. Wind- und Wassermühlen zur Energiegewinnung gäbe es beispielsweise schon seit Jahrhunderten. "Wir stehen bei der Energiewende vor einer Vielzahl von Technologien, die man nicht erfinden muss. Atomkerne zu spalten, das musste man im Gegensatz dazu erst einmal entdecken und erforschen."
Angesprochen auf die aktuell laufende Diskussion bezüglich der Stromtrassen, die unser Land durchziehen werden, wenn an Nord- und Ostsee gewonnene Energie in den Süden der Republik geleitet würde, entgegnete Lesch mit Beispielen, die scheinbar so gar nicht (mehr bewusst) in unseren Köpfen zu sein scheinen: die Zeiten, als Hochspannungsmasten unser Land durchzogen, ist noch nicht allzu lange her; wenn es die seinerzeit nicht gegeben hätte, hätte sich die Industrie in Deutschland und Europa niemals so entwickeln können, wie sie es tat. Am Beispiel des Ostufers des Gardasees, an dem Leitungsungetüme die in den Bergen gewonnene Energie in die Täler und die Industriestädte transportieren, machte er deutlich, dass dadurch keinerlei Lebensqualität verloren gehen muss.
"Die Ästhetik eines Windkraftrades wird eine ganz andere, sobald man selber daran beteiligt ist." warb Harald Lesch für die sich - auch in Pfaffenhofen - entwickelnden Bürgerinvestitionsprojekte. Nicht die großen Energieversorger seien die Wegbereiter der Energiewende, sondern die Überzeugung und der Idealismus, derer, die das ganze ohnehin bezahlen müssten: die Bürger. "Eine Energiewende in Deutschland kann eigentlich nur funktionieren, wenn es möglichst viele Initiativen wie diese hier gibt." lobte er ausdrücklich das Engagement der Organisatoren der Energie-für-alle-Woche. Ich, ich, ich sei ganz sicher der falsche Ansatz, wenn man in der großen Gemeinschaft einer ganzen Nation angenehm leben und ein Projekt wie die Energiewende erfolgreich bestreiten möchte. "Egoismus kann in der jetzigen Situation kein Ziel sein, gefragt ist Solidarität; wenn jeder in seinem persönlichen Bereich ein klein wenig zurückgeht, können wir alle gemeinsam etwas Großes möglich machen." Dem ist sicher nichts mehr hinzuzufügen.
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