Die Welle – bewegend, mitreißend und gefährlich
Es ist jedes Mal etwas besonderes, wenn das Hallertau-Gymnasium Wolnzach zu Konzert, Musical oder Theater lädt und den Gästen einen von den Schülern gestalteten, kulturellen Abend bietet. Doch die gestrige Premiere des Theaterstücks „Die Welle“ konnte noch einmal eins draufsetzen – nicht nur, dass die Truppe das Publikum mit ihrem schauspielerischen Können wieder restlos überzeugte, diesmal wurde sogar die Regie von einer Schülerin übernommen. Und so zauberte Emma Eberhardt mit ihren Mitschülern aus der neunten Jahrgangsstufe eine höchst gelungene Inszenierung des Romans von Morten Rhue auf die Bühne.
„Stärke durch Disziplin, Stärke durch Gemeinschaft, Stärke durch Aktion“ lautet der Slogan der „Welle“, die sich im Geschichtsunterricht des High-School-Lehrers Ben Ross (Samuel Baldeweg) gegründet hat. Niemals könne der Faschismus heute noch einmal die Oberhand gewinnen, wie einst im deutschen Nationalsozialismus – da sind sich die Schüler nach einer Filmvorführung zu Hitlers Drittem Reich einig. Diese Aussage bringt Ben Ross ins Grübeln und er beschließt, sich an ein einzigartiges Experiment zu wagen. In drei Stufen etabliert der Lehrer die Prinzipien der Disziplin, Gemeinschaft und Aktion in der Klasse, die dadurch schnell zu einer Einheit zusammenwächst, sich stärker, ja beinahe unschlagbar fühlt und schließlich auch den Außenseiter Robert (Susanne Kaindl) ohne Probleme integriert.
Mit der Namensgebung „Die Welle“ sowie einem einheitlichen Dresscode vervollständigt Ross sein Projekt und gibt der Bewegung ein Gesicht, das die Schüler ab sofort auch nach außen tragen können. Doch die zunehmende Identifikation mit der Welle birgt Risiken. Abweichende Meinungen und Regelbrüche gegenüber der Gemeinschaft werden von den Mitgliedern immer seltener toleriert. Vor allem Robert, der sich nun erstmals zur Klasse zugehörig fühlt, versucht die laut werdenden Bedenken von Laurie Saunders (Alina Fischer) im Keim zu ersticken. Als dann allerdings ein jüdischer Schüler, der die Mitgliedschaft zur Welle verweigert, verprügelt wird, sieht die Redakteurin der Schülerzeitung rot. Laurie verfasst einen kritischen Artikel zu diesem eindeutig aus den Fugen geratenen Projekt. Nach einem heftigen Streit mit ihrem Freund, David Collins (Sarah Mauermeier), sieht auch dieser die gefährlichen Ausmaße des Experiments ein. Gemeinsam mit ihrem Lehrer beschließen sie, der Bewegung ein Ende zu setzen – eine Entscheidung, die Robert allerdings nicht ertragen kann und sich schließlich aus Verzweiflung erschießt.
Das Experiment, das Mitte der 60er Jahre tatsächlich von einem amerikanischen Lehrer an seiner Schule durchgeführt wurde, zeigt eindrucksvoll, dass Faschismus bei weitem kein Problem der Vergangenheit ist, sondern jederzeit wieder in den Köpfen der Menschen zum Vorschein treten kann. Nur kritisches Hinterfragen, vernunftgetriebene Einsicht, Mut und Erinnern an die Geschichte können eine solche „Welle“ rechtzeitig stoppen.
„Es ist super gelaufen, wir haben gut improvisiert und alle als Team toll zusammengearbeitet“, fasste Regisseurin Emma Eberhardt die Premiere zusammen und bestätigte gleichzeitig das Vorurteil, dass der Regisseur selbst noch aufgeregter ist, als die Schauspieler. „Man kann ja dann nichts mehr beeinflussen“, so die Schülerin, die ihr Regie-Debut mit Bravour meisterte und am Ende tosenden Applaus erntete. Bewusst hatte sie sich dabei zusammen mit StR Florian Greiner das Theaterstück zur Welle ausgewählt, zumal Emma Mitglied des Arbeitskreises „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist. Dieses Projekt, dem neben dem Hallertau-Gymnasium über 1000 Schulen in ganz Deutschland angehören, hat es sich zum Ziel gesetzt, den Einsatz von Schülern für Schüler zu fördern, sodass Rassismus und Ausgrenzung jeder Art verhindert werden.
Auch heute Abend wird das Stück noch einmal aufgeführt. Beginn ist um 19 Uhr in der Aula des Hallertau-Gymnasiums Wolnzach.
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