Der NSU, die Mordserie an Immigranten und der Prozess

Angelika Lex, Bernd Duschner (Vorsitzender der Freundschaft mit Valjevo)
Zu einer Informationsveranstaltung über die Hintergründe des NSU-Prozesses hatten die Freunde von Valjevo ins St. Franziskus Heim eingeladen, Referentin war die Rechtsanwältin und ehrenamtliche Richterin am Bayrischen Verfassungsgericht, Angelika Lex aus München. Sie vertritt in diesem Prozess die Nebenklägerin und Witwe des ermordeten Theodoros Boulgarides. Der 1964 geborene Grieche wurde im Juni 2005 von den NSU-Mitgliedern ermordet.
In dem Prozess wird Beate Zschäpe und ihren Unterstützern vorgeworfen, mit ihren verstorbenen Kumpanen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in über 6 Jahren gezielt mindestens neun türkische und griechische Kleingewerbetreibende ermordet und viele Straftaten begangen zu haben (Sprengstoffanschläge, Raubüberfälle). Der Grieche Theodoros Boulgarides wurde von der Nazi-Gruppe mit drei Kopfschüssen hingerichtet, und die Täter benutzten dabei die gleiche tschechische Waffe wie bei anderen Ausländermorden. Die Boulevardpresse, und auch die Ermittlungen der Polizei, gingen dabei von rivalisierenden ausländischen Gruppen aus („Türkenmafia schlug wieder zu“). Den Opfern wurde dabei auch immer wieder unterstellt, Kontakte zu Drogendealern, zur türkischen Mafia, zu Prostitutionsringen, Internetkriminalität oder Waffenhändlern gehabt zu haben. Doch nie kamen die Ermittler auf die Idee, dass ein rechtsradikaler Hintergrund bestehen könnte.
Wie Angelika Lex berichtete, haben vor allem die Verfassungsschützer und die polizeilichen Ermittler total versagt, oder sie waren sogar „auf dem rechten Auge blind“. „Der Verdacht auf rechtsradikale Mörder kam im ganzen Ermittlungsapparat nie vor“, so Lex. Die Morde verteilten sich bundesweit, von Rostock über Hamburg, Dortmund, Kassel, Nürnberg und München. Der Schwerpunkt der Morde lag aber in Bayern (5 Morde in Nürnberg und München). Trotz 7 Sonderkommissionen und einer 50-köpfigen Sonderkommission in Bayern, die teilweise auf 160 Beamte aus anderen Bundesländern erhöht wurde, gelang es nicht, den Mördern auf die Spur zu kommen. Angelika Lex führte dabei einige Beispiele auf, wie sich diese Ermittler teilweise gegenseitig blockierten und auf welche schwammigen Hinweise von V-Leuten sie sich verlassen hatten. Dabei zeigte Angelika Lex auf, dass sich der Verfassungsschutz zum Teil auf gestörte Persönlichkeiten als V-Leute verlasse, die geltungssüchtig oder auf eigenen Vorteil bedacht seien, aber nicht objektiv zu berichten wüssten. Dass die Verfassungsschützer in diesen Fällen am schlechtesten wegkamen, machten auch die vielen Untersuchungsausschüsse in den Bundesländern und im Bund deutlich. Nach Meinung von Angelika Lex geht die Bundesstaatsanwaltschaft davon aus, dass es beim NSU-Trio und die geringe Unterstützerzahl keine weiteren rechtsradikalen terroristischen Strukturen gebe, doch ein Münchner Verein (a.i.d.a. - Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. ), der Informationen zur rechtsradikalen Szene sammelt, sieht viel deutlichere rechtsradikale Verbindungen der NSU, die nicht in diesen Prozess einfließen würden, so Angelika Lex. So würde die Bevölkerung eingelullt und ihnen vorgespielt, dass es keine weitere rechtsradikale Gefahr gebe.
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