Gemeinderat Matthias Boeck setzt Finanzaffäre aufs Tableau
Eigentlich hatte in Wolnzach schon lange keiner mehr über die Finanzaffäre von 2008 nachgedacht. Dieses Thema schien fast schon gänzlich aus den Köpfen der Bürger verschwunden zu sein, bis, ja bis Gemeinderat Matthias Boeck dies wieder auf die Tagesordnung setzte.
In einem Antrag forderte er den Marktgemeinderat auf, sich in aller Form bei Altbürgermeister Josef Schäch und Kämmerer Wolfgang Zwack zu entschuldigen. In seinem Antrag verwies der FDPler auf das Urteil vom Bundesverfassungsgericht, dass seiner Meinung nach mit der Aufhebung des Urteils einen Schlussstrich unter eine eh nie dagewesene Wolnzacher Finanzaffäre zog.
Nun ist es korrekt, dass der Verfassungsbeschwerde stattgegeben und das Urteil aufgehoben wurde, darin aber einen Schlussstrich zu sehen, das wäre verfrüht. So stellte das Bundesverfassungsgericht zwar fest, dass das Urteil die Beschwerdeführer in dem im Tenor ausgesprochenen Umfang in ihrem Recht aus Art. 103 Abs. 2 GG verletzt, verwies es aber im gleichen Zuge zurück an das Landgericht München II.
Zurückverwiesen ans Landgericht München II
„Das Verfahren ist derzeit bei der 1. Strafkammer des LG Münchens anhängig“, so die Leiterin der Pressestelle Andrea Titz auf Anfrage. In diesem Zuge wurden der Staatanwaltschaft die Akten zu weiteren Ermittlungen übergeben. Diese sind nach Auskunft sowohl von der Verwaltung des Markt Wolnzachs, die erst kürzlich Besuch von Beamten der Kriminalpolizei hatte, wie auch des Gerichtes, noch nicht abgeschlossen. Wann mit einer neuerlichen Verhandlung zu rechnen ist, das kann derzeit noch niemand sagen.
Gerade vor diesem Hintergrund von einem Schlussstrich zu sprechen, das sei letztlich aber weit hergeholt. „Es handelt sich hier nach wie vor um ein schwebendes Verfahren“, erläuterte Bürgermeister Jens Machold im Gemeinderat und Gemeinderat Max Wallner fügte in diesem Zusammenhang an: „Der Marktgemeinderat von Wolnzach hat weder Josef Schäch noch Wolfgang Zwack verurteilt“, der als jemand, der erst 2008 in dieses Gremium gewählt wurde, bestätigte, dass gegen beide nie ein böses Wort gefallen sei.
Genau betrachtet, hat das Gremium damals nur den Anordnungen des Bayrischen Kommunalen Prüfungsverbandes Folge geleistet. Wenn man in diesem Zuge noch einmal den Blick zurück schweifen lässt, so ist einerseits festzustellen, dass Altbürgermeister Josef Schäch die Prüfung, die dies alles in Rollen gebracht hat, letzten Endes auch selbst beantragt hat. Im Zuge der Ermittlungen kam es dann zur Anklage durch die Staatsanwaltschaft. „Der Markt Wolnzach“, und das betonte Bürgermeister Jens Machold ausdrücklich, „hat sich in diesem ganzen Verfahren an die Anweisungen der übergeordneten Behörden gehalten.“ Somit lehne der Gemeinderat diesen Antrag mehrheitlich auch ab.
Investitionen über Kassenkredite
Nun gab es auch jene Stimmen in der Vergangenheit, die dieses Urteil gegen den Altbürgermeister als politisch motiviert betrachteten. Sie argumentieren vor allem damit, dass einerseits das Urteil des Landgerichts vom Bundesverfassungsgericht kassiert wurde, andererseits mit dem über die Jahre entstandenen Gegenwert. Es ist auch richtig, dass unter den 18 Jahren Bürgermeister Schäch in Wolnzach vieles gebaut wurde. Hier wären unter anderem die Rathaussanierung, aber auch der Bau des neuen Schwimmbades und das Hopfenmuseum zu nennen. Dass diese Investitionen für den Markt wichtig waren bezweifelt wohl auch niemand.
Letztlich muss man aber über den eingeschlagenen Finanzierungsweg den Kopf schütteln. „Damals wurde der Kassenkreditrahmen ohne Wissen des Gemeinderates weit über dessen, was die Haushaltssatzung zulässt, erweitert“, erläutert Kämmerer Markus Rieder und erinnert sich noch gut an die Zeiten, als der Markt alleine für die Zinsen dieser Kassenkredite 400.000 Euro zahlen musste. Nun sind Kassenkredite per se nichts Negatives. Viele Kommunen greifen immer wieder auf sie zurück. „Auch Wolnzach hat hier einen Rahmen von rund 2,5 Millionen Euro“, so Rieder. Diese sind aber vor allem dazu gedacht finanzielle Engpässe bei den Kommunen zu überbrücken.
Zur Erklärung: Die Einnahmen der Kommunen fließen nicht stetig, sondern es gibt über das Jahr verteilt feste Termine, an denen die Gemeinde Geld beispielsweise aus der Gewerbesteuer erhält. Die Ausgaben hingegen fließen wie in einem jeden Unternehmen stetig. Es sind nicht nur Löhne und Gehälter zu zahlen, sondern unter anderem auch die monatliche Kreisumlage. „Aus diesem Grund ist den Kommunen auch ein entsprechender Kassenkreditrahmen eingeräumt“, so Rieder weiter.
Bundesverfassungsgericht sah Abwägungsdefizit
Dass aber mit diesen Finanzmitteln Investitionen getätigt werden, das sah nicht nur er, sondern auch im ersten Anlauf das Landgericht München II kritisch und verurteilte Altbürgermeister Josef Schäch zu zwei Jahren auf Bewährung. Dabei verwiesen die Richter aber nicht nur auf die Haushaltssatzung, die einen Kassenkreditrahmen von 3 Millionen Euro vorsah, sondern auch darauf, dass diese Gelder im Haushalt nicht ausgewiesen, sondern in das kommende Jahr umgebucht wurden.
Dieses Urteil wurde letztlich am 1. November 2012 vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben. In der Begründung heißt es: „Die Annahme, durch die Kreditaufnahme sei jeweils ein tatbeständiger Vermögensnachteil verursacht worden, der nicht durch eine gleichwertige Gegenforderung kompensiert worden ist, ist auf Erwägungen gestützt, die eine unzureichende Beachtung der strafbegrenzenden Funktion des Nachteilsmerkmals des § 266 Abs. 1 StGb erkennen lassen.“
Das Gericht sah hier ein Abwägungsdefizit vor allem im Punkt des Schadens und verwies den Fall zur Neuverhandlung zurück ans Landgericht München II. Dort laufen derzeit weitere Ermittlungen. Laut Auskunft der Pressestelle ist mit einem neuerlichen Verfahren nicht vor Ende des Jahres zu rechnen. Wie nun das Urteil ausfallen wird, ob Altbürgermeister Josef Schäch erneut verurteilt, oder am Ende freigesprochen wird, das lässt sich derzeit nicht sagen.
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