Unbequeme Denkmale - Jenseits des Guten und Schönen
Unbequeme Denkmale - Jenseits des Guten und Schönen
„Der Tag des offenen Denkmals“ am 08. September stand auch in Pfaffenhofen an der Ilm unter dem Motto der unbequemen Denkmale. Am zweiten Sonntag im September öffneten historische Bauten und Stätten, die sonst nicht oder nur teilweise zugänglich sind, ihre Türen für interessierte Besucher. Stadtarchivar Andreas Sauer hatte vom Landratsamt den Auftrag für eine Führung durch die dunklen Kapitel der noch besichtigbaren Stadtgeschichte erhalten.
Vor dem alten Rathaus hatte sich eine große Gruppe Wissensdurtiger versammelt, um die selten geöffneten beiden Stätten, die Arrestzelle im Rathauskeller und den sonst verschlossenen Hungerturm, zu begehen. Dass Pfaffenhofen im Dritten Reich kein Hort der Unschuldigen war, ist seit dem Buch von Rainhart Haiplik „Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz“ hinlänglich bekannt. Die an diesem Tag zur Besichtigung zugänglich gemachte Zelle im Rathauskeller findet darin auch ihren traurigen Niederschlag. Das Aufblähen des Verwaltungsapparates nach der Machtergreifung, unter anderem zur omnipotenten Überwachung der eigenen Bevölkerung, die heimlichen Kriegsvorbereitungen und eben der Wunsch des örtlichen Polizeikommandanten führten zum Umbau des Rathauskellers. Noch vorhandene Luftschutztüren und die Arrestzelle aus dieser Zeit blieben, trotz vieler Umbauten, für die Nachwelt erhalten.
Andreas Sauer versuchte mit belegbaren Ereignissen dieser Zeit, die Besucher auf die Wichtigkeit und die Bedeutung dieses unbequemen Denkmals einzustimmen. Nicht nur für die Stadtgeschichte ist so ein begehbarer Ort, der Anker der Erinnerung, hier findet Aufklärung statt und nicht gruselige Touristenbeschäftigung. Es gab Widerstand an allen Orten in Zeiten des Faschismus, die zukünftige Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus neben dem Haus der Begegnung ist ein weiterer Schritt, offen und historisch belegt mit dem Thema umzugehen.
Eine andere Geschichte hat der renovierte und mittlerweile freigestellte Pfänder- , Färber- oder Hungerturm am Stadtgraben. Beim Pfänderturm handelt es sich um eines der ältesten noch bestehenden Bauwerke in Pfaffenhofen. Errichtet wurde der Turm um das Jahr 1400. Hier wurden Personen eingesperrt, die ihren Zahlungen nicht mehr nachkommen konnten und daraufhin gepfändet wurden. Außen, historisch richtig konserviert, steht er nun da und wartet auf eine neue Aufgabe im Rahmen der kleinen Gartenschau 2017. Innen ist im Grunde genommen die Treppenkonstruktion aus der Feuerwehrzeit die einzige Einrichtung. Nur die erzählten Geschichten lassen die alten Ziegel und die Gitter vor den kleinen Fenstern lebendig werden. Die unangenehmen Erinnerungen tun sich naturgetreu schwer im öffentlichen Bewusstsein, ein Tag des unbequemen Denkmals ist zwar löblicher Anlass, aber noch lange nicht Absolution.
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