Neue Hoffnung für Problempatienten beim Zahnarzt
Wer kennt es nicht: dieses komische Gefühl in der Magengrube, wenn der nächste Zahnarztbesuch fällig wird? Obwohl man in der Regel noch vom letzten Mal weiß, dass es eigentlich gar nicht so schlimm war, wird dem erneuten Besuch mit gemischten Gefühlen entgegengesehen.
Man nimmt all seinen Mut und seine Selbstbeherrschung zusammen und legt sich schließlich heroisch auf den Behandlungsstuhl. Nach der Behandlung stellt man wieder einmal fest, dass die meisten Befürchtungen völlig unbegründet waren.
Dies jedenfalls ist der Normalfall. Trotzdem würden sich die meisten Patienten wünschen, dass es eine Möglichkeit gäbe, die unangenehmen Empfindungen auf ein Minimum zu reduzieren oder sogar ganz auszuschalten und dem Zahnarztbesuch den letzten Schrecken zu nehmen. Dies muss keine unrealistische Wunschvorstellung bleiben: die Anwendung von Hypnosetechniken macht es möglich, die Zahnbehandlung so angenehm zu gestalten, dass die Patienten sich während der Behandlung in einen tiefen Entspannungszustand begeben können und sich danach frisch und erholt fühlen. Nicht wenige Patienten gehen nach ihren ersten Erfahrungen mit zahnärztlicher Hypnose richtig gerne zum Zahnarzt, geben sozusagen ihren Mund zur Reparatur ab und beschäftigen sich (während der Zahnarzt in der Mundhöhle arbeitet) mit angenehmen inneren Bildern wie z. B. mit Erinnerungen an den letzten Urlaub. Die Behandlungsatmosphäre ist ruhig und gelöst, Patient und Behandler sind entspannt, und der sonst übliche kräftezehrende „Ringkampf" entfällt.
Dies geht jedoch längst nicht allen Patienten so. Es gibt nämlich eine ganze Reihe von Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen ernsthafte, zum Teil scheinbar unüberwindliche Probleme mit Zahnarztbesuchen haben: ausgeprägte Dentalphobie, extremer Würgereiz, allergische Reaktionen auf Lokalanästhetika oder mangelnde Anästhesiewirkung zum Beispiel können einen Zahnarztbesuch zum reinsten Horrortrip für Patient und Behandler werden lassen.
Oft müssen solche Patienten dann in Vollnarkose behandelt werden, zum Teil mit hohem Aufwand, hohen Kosten für die Allgemeinheit und gravierenden narkosebedingten Risiken; denn zahnärztliche Eingriffe, die in Vollnarkose durchgeführt werden, dauern in der Regel lange, da man immer bestrebt sein wird, so viel wie möglich auf einmal zu machen. Hier bietet sich die Anwendung der zahnärztlichen Hypnose als sanfter, aber sehr effektiver Ausweg an. Dem Patienten wird durch suggestive Beeinflussung, durch Anleitung zur Entspannung, durch Ablenkung, Konfusion und Dissoziation ermöglicht, sein Problem in einer für ihn akzeptablen Weise selbst zu bewältigen. Der dahinterstehende Denkansatz ist der, dass jeder Mensch im Prinzip über die nötigen Ressourcen dazu verfügt und dass ihm lediglich aus Gründen, deren Ursache im Einzelfall zu suchen sind, der Zugang zu diesen Ressourcen versperrt ist. Der behandelnde Zahnarzt begleitet den Patienten durch seinen Problemkreis hindurch und gibt ihm dabei die nötige Hilfe zur Selbsthilfe, indem er ihn an seine Ressourcen heranführt und ihm hilft, diese zu befreien und geeignete Zielformulierungen zu finden. Hypnotherapie in diesem Sinne ist also immer patientenzentriert, interaktionsgesteuert und ressourcenorientiert. Ein Autoritätsgefälle zwischen Patient und Behandler gibt es hierbei nicht - es gilt also
Abschied zu nehmen von den eher gängigen Vorstellungen von Hypnose, nach denen ein „mächtiger Hypnotiseur" einen willenlosen Patienten dazu bringt, jedweder Suggestion Folge zu leisten. Auch wenn diesen Vorstellungen durch die Shows von Bühnenhypnotiseuren immer wieder Vorschub geleistet wird, so hat dies mit ernstzunehmender medizinischer Hypnose nichts zu tun (nebenbei: Bühnenhypnose ist in den meisten Fällen tatsächlich nur Show).
Da die in der zahnärztlichen Hypnose zur Anwendung kommenden Techniken immer auf den individuellen Einzelfall bezogen und von diesem gesteuert sind, ist es prinzipiell möglich, diese Methode bei jedem anzuwenden. Wie bei jeder medizinischen Behandlung muss natürlich auch hier eine genaue Anamnese und eine strenge Indikationsstellung vorausgehen, wobei die Hauptindikationen sicherlich in Angstabbau, Entspannung, Kinderbehandlung, Würgereizkontrolle und Lokalanästhetika-Intoleranz zu sehen sind.
Die Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose (DGZH) e. V. wurde 1994 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, der zahnärztlichen Hypnose in Deutschland zu größerer Verbreitung zu verhelfen. Sie arbeitet eng mit der Milton Erickson Gesellschaft für klinische Hypnose zusammen und vereint unter ihrem Dach nahezu alle bedeutenden Köpfe der zahnärztlichen Hypnose in Deutschland.
Die Ausbildung zum Hypnosezahnarzt erstreckt sich über ein Jahr des theoretischen und praktischen Lernens und Übens, begleitet von ständiger Supervision. Auch für Zahnarzthelferinnen werden Lehrgänge zur Hypnose-Assistentin angeboten.
Die Deutsche Gesellschaft für Zahnärztliche Hypnose e. V. wurde 1994 gegründet und hat ca. 1600 Mitglieder. Die Gesellschaft fördert die moderne zahnärztliche Hypnose in Theorie, Forschung, Weiterbildung und Praxis. Eine Liste von zertifizierten Hypnosezahnärzten ist über www.dgzh.de abrufbar.
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