Natürlich gibt es den Osterhasen
Geniessen Sie die Osterfeiertage mit dieser kleinen Geschichte von Autorin Angelika Frikell.
„Natürlich gibt es den Osterhasen“, hat meine kleine Tochter geschrien, bevor sie ins Haus gerannt war. Tränen hatte sie dabei in den Augen gehabt und die kleinen Finger hatte sie zu Fäustchen geballt!
Was hatte ich ihr da nur angetan? Ich, ihr Vater, hatte ihr gerade einen der letzten Träume wegnehmen wollen?! Ich hatte mich überhaupt nicht in die kleine Kinderseele eingefühlt.
Da saß ich nun auf der Bank in meinem Garten und schaute auf die gepflanzten Beete. Es war kurz vor Ostern und wir hatten einen strahlenden blauen Himmel über uns. Ein richtiges sogenanntes „Bilderbuchwetter“. Die Luft war schon ziemlich warm und fühlte sich an wie reine Seide. Aus dem Boden schauten bereits die ersten Osterglocken und Tulpenspitzen hervor.
Ich wollte mich gerade genüsslich räkeln, als das Weinen meiner Tochter wieder zu mir vordrang. „Ich bin wohl kein guter Vater“, dachte ich. Als Kind hatte ich doch genaue Vorstellungen und wollte – wenn ich „groß bin“ – alles besser machen. Und was war jetzt? Ich hatte sie zum Weinen gebracht. Meine Kleine, die ich doch so sehr liebe. Erwachsene sind schon komisch!
Erst erzählen wir den Kindern all die schönen Dinge vom Christkind, Weihnachtsmann, vom Nikolalus und nicht zuletzt auch vom Osterhasen.
Gedanklich versetzte ich mich in meine eigene Kindheit zurück. Stimmt! Ja, oh meine Güte: mit welcher Inbrunst hatte ich immer meine Wunschzettel zu Weihnachten geschrieben und dann mit zahlreichen Zeichnungen am Rand versehen. Die beste Schönschrift gab ich dafür und zum Schluss legte ich den Wunschzettel aufs Fensterbrett, damit die Engel ihn schneller sahen und mitnehmen konnten.
Während dieser Gedanken und Gefühle wurde mir ganz warm in der Bauchgegend. Tja, und auch meine Ostererlebnisse als Kind waren doch toll. Auch für mich gab es den Hasen! Ziemlich groß war er und hatte auf dem Rücken diesen geflochtenen Korb geschnallt mit den vielen bunt bemalten Eiern drinnen. Ich sah wieder alles deutlich vor mir.
Hier – in diesem Garten – hatten meine Eltern mit viel Liebe und Mühe die Eier für mich versteckt. Meine Güte, wie lange das schon her ist. Die Eltern waren schon lange tot, aber meine Frau teilt die Freude an diesem Haus mit mir und wir haben es uns hier schön gemütlich gemacht.
Und auch wir hatten die Traditionen weitergeführt. Was haben wir oft gelacht und uns auch mit unserer Tochter gefreut, wenn sie endlich die versteckten Eier hinter den Sträuchern und Beeten gefunden hatte. Manchmal hatte sie gar nicht weiter gesammelt, sondern die Schokoladeneier gleich in den Mund gesteckt. Und wie oft war sie dann völlig mit Süßzeug verschmiert – aber glücklich – auf meinen Schoß gekrabbelt. Ja, meine kleine Tochter. Und wie schlau sie schon war!
Sie hatte bei unserem Gespräch versucht, mich mit Logik „zu schlagen“. Was hatte sie noch gesagt, bevor sie völlig enttäuscht ins Haus gelaufen war? „Es muss ihn geben, Papa! Hast du denn nicht gesehen, dass er immer gleich aussieht? Und wenn der Osterhase erfunden wäre, so müsste er doch immer anders aussehen, nicht?! Aber er hat immer diese langen Ohren und dieselben Zähne! Und dass er manchmal etwas anderes anhat, ist doch auch klar. Du hast doch auch nicht immer den selben Anzug an, Papa.“
Flehentlich hat sie mich dabei angesehen. Diese Logik musste mich doch überzeugen, dachte sie. Und was kannte sie mich schon gut. Sie wusste bereits, dass keine Antwort, nicht gleich einer Zustimmung gleich kam.
Ich lauschte in Richtung unserer Küche. Das Schluchzen hatte aufgehört. Wahrscheinlich hatte meine Frau ganze Arbeit beim Trösten geleistet.
Was konnte ich jetzt tun? Ich schaute mich wieder bewusst um. Die Sonne war schon ein gutes Stück weitergewandert. Dadurch hatte sich auch die Stimmung im Garten verändert. Ich schaute auf unseren Kirschbaum, viele Blüten waren bereits zu sehen. Er stand ziemlich weit weg, fast am Rande unseres Gartens. Neben ihm hatten wir noch einige Büsche stehen lassen, die die Begrenzung bilden sollten. Aber was war denn da nur los? Waren da Vögel im Gebüsch? Irgendetwas raschelte dort und undeutlich hatte ich etwas wahrgenommen. Das war doch aber größer als ein Vogel. Ach, wahrscheinlich die Nachbarkatze. Die stöberte öfter hier herum wir sahen sie immer gerne.
Nein! Ich schaute genauer hin. Das war doch keine Katze! Aber irgend etwas bewegte sich doch dort im Unterholz. Und ich hatte doch auch einen braunen Pelz gesehen!
Vo mir völlig unbemerkt war meine Tochter zu mir gekommen. Auch sie schaute in diese Richtung. Ihr zuerst trotziges Gesicht erhellte sich. Ich beugte mich zu ihr herunter, griff nach ihr und zog sie auf meinen Schoß. Doch während dessen schauten wir beide ununterbrochen hin zu den Büschen. Wir sprachen kein Wort.
Als wir dann plötzlich die langen Ohren sahen, blickten wir uns beide an und strahlten. Gleichzeitig drückten wir uns ganz fest und blieben so lange umarmt...
Es gibt ihn also doch, den Osterhasen.
Und dieses schöne Erlebnis war die Grundlage für eine wunderbare Beziehung zwischen uns Eltern und unserem Kind.
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