Fritz Rau: 50 Jahre Zeitgeist
(Reichertshausen, rs)"Der alte Fritz hockt gar nicht gern allein zu Haus." und "Der alte Fritz hat in seinem Leben viel bewegt." sind zwei Textpassagen des Liedermachers Jürgen Schwab aus seinem Lied über Fritz Rau, die den schon fast legendären Konzertveranstalter treffender nicht charakterisieren könnten. In ihrem kombinierten Auftritt "Begegnungen" im neuen Clubhaus des Golfclubs Reichertshausen erzählte Fritz Rau Anekdoten aus seinem Leben mit den ganz Großen der Musikszene und Jürgen Schwab untermalte diese Geschichten musikalisch.
Fritz Rau ist der Konzertveranstalter in Deutschland schlechthin. Als "Denkmal" und "Ikone" bezeichnete ihn Club-Vorsitzender Andreas Nawrocki in seiner Begrüßung. Und Fritz Rau hatte gerade erst angefangen mit seinen Anekdoten, da war jedem im neuen Clubhaus klar: das ist jemand, der wirklich etwas zu erzählen hat!
Er war der Pionier der Konzertveranstalter, begann bereits in den 50er Jahren mit Tourneen der Jazz-Legenden wie Ella Fitzgerald oder Oscar Peterson. Aber Fritz Rau erzählt nicht, wie es zu den geschäftlichen Kontakten kam oder wie die Tourneen abliefen. Nein, er vermittelt seinem Publikum einen Eindruck der menschlichen Seite seiner Künstler. "1960 wurde meine Tochter geboren und Ella bestand darauf, die Wiege gemeinsam mit mir auszusuchen."
Elton John war der erste Künstler, mit dem er die Frankfurter Festhalle mit ihren 15000 Plätzen ausverkaufen konnte. Nur: dieser exzentrische Künstler war derart erbost über einen nassen Teppich vor der Bühne ("Das machte immer nur quatsch, quatsch und hinterließ Spuren."), dass das Konzert quasi eine Viertelstunde vor Beginn so gut wie abgesagt war. "Too much, too much. No show tonight." so Elton's Aussage unmittelbar vor dem Konzert. "Da stand ich nun, Sohn einer schwäbischen Mutter, und war im Grunde genommen pleite." Aber die gemeinsame Begeisterung für Fußball, die über eine dahingeworfene Bemerkung Raus identifiziert wurde, versöhnte Elton John dann doch wieder so, dass er ein sensationelles Konzert gab und darüber Fritz Rau's Zukunft rettete.
Es folgten die ersten Open Air-Veranstaltungen, so beispielsweise mit Bob Dylan und Eric Clapton auf dem ehemaligen Nürnberger Reichstagsgelände ("wir haben uns dabei extra von den Nazis weggedreht."). Die "jungen, kommenden Superstars" von Queen hat er entdeckt, die in ihrem ersten Konzert in Deutschland vor 500 Zuschauern spielten, 11 Jahre später Arenen mit über 60000 Leuten füllten. Im L.A. Roxy spielte eine Band aus New York vor 1000 Leuten, "die nannten sich E-Street Band oder so, noch nie zuvor was von denen gehört."; Bruce Springsteen war für Deutschland entdeckt!
Jimi Hendrix, der die schwäbischen Spezialitäten von Fritz Rau's Mutter nicht mochte und sich daher heimlich aus dem Staub machte; die fast schon kindischen Streitereien zwischen Mick Jagger und Keith Richards, die nur Fritz Rau schlichten konnte, weil sie nur auf ihn BEIDE hörten; der gemeinsame Versuch, Udo Lindenberg seinen Traum zu erfüllen, in der damaligen DDR spielen zu dürfen. All diese Geschichten drehen sich zwar um Musiker und Konzerte, es wird aber durchwegs aus der persönlichen Brille des Freundes und Vertrauten erzählt.
Zwischen den Blöcken lockert Jürgen Schwab (Gesang, Gitarre) den äußerst unterhaltsamen Abend auf, indem er die jeweils passende Musik spielt und den Zuschauer über das gerade Gehörte reflektieren lässt. Eine absolut kongeniale Kombination, die nun schon seit über 6 Jahren in mehr als 500 derartiger Vortragsveranstaltungen zusammengespielt hat.
Erstaunlich ist, wie Fritz Rau trotz seines Alters und einer sehr angeschlagenen Gesundheit in den erzählten Geschichten und den Songs immer noch aufgeht. 81 Jahre ist er jetzt alt, ist "mit 74 in den Vorruhestand" gegangen und nach eigenen Worten "nicht mehr ganz gesund, aber ausreichend repariert".
Man könnte in diesem Artikel noch so viele Anekdoten rezitieren; von Marlene Dietrich etwa, die ihm ganz langsam die Schlafanzugjacke aufknöpfte, so dass ihm schon ganz schwindlig wurde, ihn jedoch dann (nur) ob seiner Erkältung mit Wick Vaporub einrieb, von Peter Maffay, mit dem er sich und ihm den Lebenstraum erfüllte, Tabaluga auf die ganz großen Bühnen zu bringen, oder von Madonna, Frank Sinatra, Liza Minelli, Sammy Davis Jr. und, und, und.
"Ich würde alles inklusive meiner Fehler wieder genau so machen, wie es geschehen ist. Nur einen Fehler möchte ich nicht wiederholen, wenn ich die Chance dazu bekommen würde: ich habe meine Familie zu sehr vernachlässigt. Als Vater war ich ein Sch...kerl, aber glaubt mir: als Opa bin ich ein Knaller."
Danke Fritz Rau für Geschichten, die es sich anzuhören wirklich gelohnt hat; danke Jürgen Schwab für eine tolle musikalische Untermalung; danke an den Golfclub Reichertshausen, dass sie es anlässlich ihrer 1. Kulturveranstaltung im neuen Clubhaus geschafft haben, einen solch bemerkenswerten Mann zu präsentieren.
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