hallertau.info News

Aus der Balance

(Wolnzach, von Harald Regler)

Kann man hier noch unbeschwert feiern?

Die Physik ist schon eine bemerkenswerte Wissenschaft. „Gebt mir einen Hebel, der lang genug ist, einen Angelpunkt, der stark genug ist, und ich hebe die Welt aus den Angeln“, hat einst Archimedes gesagt. Andererseits gibt es da auch den Impulserhaltungssatz, der besagt, jede Aktion löst eine gegengleiche Reaktion aus. Zwei Sätze, die im Moment in ungeahnter Weise auf den Streit ums Hallertauer Volksfest zutreffen.

Seit Jahren schwelt die Auseinandersetzung um die Lärmwerte, seit Jahren wird nach einer Lösung gesucht. Dennoch hangelt man sich von Eskalationsstufe zu Eskalationsstufe. Zuletzt war das einerseits die Klageeinreichung andererseits der Entzug der Schwimmbad-Jahreskarte. Beides hat augenscheinlich erst einmal wenig miteinander zu tun, bedingt sich aber mittelbar und zeigt, in welcher Spirale man gefangen ist.

Immer weiter dreht sich dieses Rad, wo man sich nur eines wünschen würde: Sicherheit und einen Ausgleich der Interessen. Kann es diesen in Bezug auf das Hallertauer Volksfest noch geben? Diese Frage stellt sich heute mehr denn je. Aktuell haben sich mehr als 4500 Wolnzacher auf eine der unzähligen Unterschriftenlisten von Wolfgang Spies eingetragen. Ein deutliches Statement, in Frieden feiern zu wollen.

Der Crash scheint unvermeidbar

So sehr einerseits gegen dieses Traditionsfest vorgegangen wird – zumindest hat es diesen Anschein – so sehr scharen sich andererseits die Befürworter zusammen, um ein Gegengewicht zu erzeugen. Irgendwie fühlt man sich dabei wie in einem schlechten Film. Gerne würde man laut aufschreien:Halt, Stopp, Cut oder auch Pause. Doch so laut dieser Ruf ist, so wenig findet er bislang Gehör. Ohnmächtig darf die unausweichliche Kollision vor Gericht beobachtet werden.

Aber ist das der „bavarian way of life“? Sich vor Gericht wegen eines Festes zu streiten? Eigentlich würde man getreu dem Motto „mi’m Ren macht ma’s Sach‘ aus“ sagen: „Geh, setzt eich zam, drinkt's a Halbe und einigt's eich!“ Doch eben das war schon in der Vergangenheit nicht möglich. Zahlreiche gemeinsame Gesprächstermine verstrichen. Einen wirklichen Dialog gab es nicht. Warum gerade die Klägerin diese Termine in der Vergangenheit ungenutzt hat verstreichen lassen, diese Frage muss an dieser Stelle unbeantwortet bleiben. Nur so viel sei gesagt. Am Landtag wurde ihr Anliegen grundsätzlich sehr ernst genommen. Zwar sahen die Politiker um den Grünen Christian Magerl einerseits schon die Tradition des Festes, betonten andererseits ebenso das Recht auf Einhaltung der Lärmwerte.

Alle Vermittlungsversuche sind fehlgeschlagen

Es war der Versuch eines Brückenschlages, der Versuch zu vermitteln und eine Balance herzustellen, zwischen dem berechtigten Eigeninteresse und dem Wunsch der Gemeinschaft. Ein frommer Gedanke, der leider keine Früchte getragen hat. Obwohl sich der Markt verpflichtete, das von den Experten des Landesamtes für Umwelt erarbeitete Lärmschutzkonzept umzusetzen, folgte die Klage vor dem Landgericht. Auch hier ließ wiederum die Reaktion nicht lange auf sich warten. Der bislang immer ehrenamtlich tätigen Klägerin wurde die Gratiskarte fürs Schwimmbad gestrichen. Wenig deeskalierend, klar! Aber eben auf einer gewissen Weise konsequent – zumindest, wenn man die Gesamtsituation berücksichtigt: Eine Gemeinschaft, die gerade verklagt wird, soll der Klägerin Vorteile gewähren.

Kann es noch einen Weg zurück zur Normalität geben? Kann es noch eine Lösung geben, bei der niemand das Gesicht verliert? Augenscheinlich scheint dieser Wunsch in weite Ferne gerückt. Nichtsdestotrotz zeichnet sich doch Bayern auch genau durch eine Balance dieser beiden Grundsätze – nämlich dem „Mia san Mia“ und dem „Leben und leben lassen“ aus. So bleibt die Hoffnung, dass diese Schieflage auch in Wolnzach wieder in Waage gerät. In der Realität wird wohl ein Richter am Ende Recht sprechen. Ob damit Frieden einziehen wird, das bleibt abzuwarten.
 

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.