Bevor der Vorhang aufgeht
(Manching, ls)Wie beruhigt man vor der großen Premiere nur am besten seine Nerven? Meditation? Visualisierung? Geht es nach den Schauspielern der Theaterbühne Manching heißt das Rezept ganz einfach. Lebkuchenlikör aus dem Thermomix, blauer Hugo, eine ordentliche Brotzeit und das wichtigste: lockere Sprüche und familiäre Seitenhiebe vom Feinsten. Ein Blick hinter die Kulissen des „vererbten Hochzeiters“.
Für Adam Zimmer ist die Sache klar. Seit 50 Jahren steht er für das Manchinger Laientheater auf der Bühne. Lampenfieber kommt bei dem Rentner kaum noch auf. Für die Figur des „Leo Brunner“ schlüpft er in die Rolle eines Großbauern mit verborgenen Vaterschaftsgeheimnissen. Vor allem mit Ralf Buchner teilt sich Zimmer die Szenerie, wenn die beiden Bauern Tante Klaras Erbschaftspläne austüfteln, dabei fließt auch das eine oder andere Stamperl. „Alles nur Requisite, heute habe ich mir keinen echten Schnaps auf die Bühne mitgenommen“, lacht Brunner. „Ja, der fällt ja schon nach zwei Stamperl um, die jungen Leute vertragen halt nichts mehr“, meint Zimmer darauf.
Für die kommenden Tage braucht es Konzentration, und vor allem Kondition. Premiere am Freitag, eine Vorstellung am Samstag, am Sonntag gleich zwei. „Man steht ständig unter Strom, das kann schon mal an die Substanz gehen“, erzählt Buchner. Auch Julia Kumpf, die mit der Magd Stase einen echten Publikumsliebling geschaffen hat, weiß davon ein Lied zu singen. „Nach der Arbeit geht es direkt hierher in die Maske“, meint sie. Für Laura Romeo, die bei den Schauspielern für den optischen Feinschliff sorgt, ist jetzt gerade Hochbetrieb. Mit viel Fingerspitzengefühl und noch mehr Haarspray verwandelt sie Claudia Jungwirth in die Weber Kathl, die im zweiten Akt des Bauerntheaters die Geschichte mit ihrer Gschafftelhuaberei so richtig aufmischt. Sind alle Haare in die richtige Richtung gestylt, hört der Abend für sie noch lange nicht auf. Als Souffleuse steht sie dem Ensemble zur Seite, wenn der Text auf der Bühne einfach verschwindet.
Auch Regisseurin Anita Schmid läuft heute in Doppelbesetzung auf. Während sich ihre Darsteller fertig machen, sitzt sie an der Kasse und begrüßt die Gäste persönlich. „Ich bin auch wahnsinnig nervös“, verrät sie, schließlich ist für sie heute Abend eine zweifache Premiere. Zusammen mit Julia Romeo war sie zum ersten Mal für die Regie des Stückes verantwortlich.
Im Gegensatz zum Theater-Veteranen Zimmer ist das Lampenfieber bei Julia riesig. „Mir schlägt schon den ganzen Tag das Herz, ich bin so nervös“, sind ihre ersten Worte auf die Frage hin, wie es ihr so geht. Schließlich dreht sich heute Abend alles um ihre Rolle der Tina Wieser und die große Frage: Wen wird sie am Ende heiraten? Während Buchner gemütlich auf einem Stuhl lümmelnd noch einmal letzte Blicke in seinen Text wirft und Günter Bauer gewissenhaft seinen „Pfarrer-Gang“ probt, philosophieren Schmid und Kumpf zusammen mit Claudia Märkl über persönliche Vorbereitungsrituale. „Ich bin heute in der Badewanne gelegen, und habe mir nochmal meine Problemstellen angeschaut“, erzählt Märkl, ein Satz für den sie verwunderte Blicke und lautes Lachen erntet. „Ja, meine Theaterproblemstellen. Ich hab mir die schwierigen Textstellen nochmal angesehen“, klärt sie weiter auf.
Doch mit Text lernen ist es bei der Manchinger Theaterbühne noch lange nicht getan. „Sechs Samstage waren wir mit dem Bau der Bühne beschäftigt“, erzählt Vereinsvorstand und Gesamtleiter Herbert Biberger. Mit einem riesigen logistischen Aufwand hat man für die Verpflegung der Gäste gesorgt. Bauernwurst, Sauerkraut, Brezen, O’bazda – auch das Drumherum muss eben stimmen. Sogar einen roten Teppich hatte man ausgerollt und damit vor der Aula der Lindenkreuzturnhalle für einen glamourösen Blickfang gesorgt. „Die Kleinigkeiten machen schon viel aus“, erklärt Biberger weiter.
Eine weitere Kleinigkeit, die aber für große Wirkung sorgte, war die Arbeitsweise von Flori-Darsteller Roland Binder, dem die Manchinger ihr Ritual zu verdanken haben, bevor es hoch geht auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Mit Julia Romeo teilt er sich einige leidenschaftliche Kussszenen. „Bei einer der ersten Proben habe ich dann gefragt, ob ich scharf spielen soll, also ob ich sie küssen soll. Anitas Anweisung war dann: Immer“, erzählt er. Seither heißt es bevor es auf die Bühne geht: „Wie spielen wir? Scharf spielen wir!“ Ein Schlachtruf, den sich alle Beteiligten am Wochenende zu Herzen genommen haben.
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