Ein Aufruf zu mehr Demokratie am 1. Mai
(Pfaffenhofen, ls)Hier in der Region leben wir in einem Speckgürtel. Die Beschäftigungssituation ist gut und ein Großteil der Menschen kann seiner Arbeit zu vernünftigen Bedingungen nachgehen. Der Tag der Arbeit ist oft nur als linksradikaler Krawalltag verschrien, es wird vergessen, dass eine ganze Reihe von mutigen Menschen vor mehr als einem Jahrhundert für unsere Situation mit Leib und Leben kämpfen mussten.
In Deutschland sind zwei Drittel der Menschen in einem Angestelltenverhältnis, Arbeitnehmer bilden also einen Großteil der Bevölkerung. Das DGB-Motto zum diesjährigen Tag der Arbeit „Wir sind viele, wir sind eins!“ nahm diesen Umstand als Aufhänger. Auch in Pfaffenhofen traf man sich unter dem Banner des größten Gewerkschaftsverbandes Deutschlands, um auf die drängenden Fragen der Zeit aufmerksam zu machen, oder um es mit den Worten von Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker zu sagen, „positiv auf die Volksparteien einzuwirken, auch auf meine eigene“.
Roland Dörfler, Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes, fand für die derzeitige Situation recht deutliche Worte. Im Schatten des Superwahljahres rief er vor allem die Wählerinnen und Wähler dazu auf, den Gegnern der Demokratie eine Absage zu erteilen. „Wir stehen für eine demokratische Bewegung. Dies ist eine Kampfansage an die Feinde der Demokratie und gegen Hasstiraden und das Schüren von Rassismus“, so Dörfler. Er betonte weiterhin, dass es wichtig wäre, für den Rechtsstaat und seine demokratischen Regeln einzustehen. Ob man dabei hier geboren wurde oder als Flüchtling nach Deutschland gekommen wäre, das mache für ihn keinen Unterschied.
Demokratische, internationale Solidarität gegen Rechtspopulismus, und das auf dem gesamten Erdball. Der Tag der Arbeit hat nicht nur eine lange Tradition, sondern steht gerade in turbulenten Zeiten wie heute für den Mut, einen Wertekomplex zu verteidigen. „Die Zeit ist aus den Fugen geraten“, so Hauptredner Christian Daiker von der IG-Metall. Er richtete seinen Blick auf die globale Politik – ein Milliardär im Weißen Haus, ein Despot in Ankara, der jedem die Stimme nimmt, der nicht seiner Meinung ist. Für die prekärste Situation müsse man aber nicht über den großen Teich schauen. „Frankreich ist die Mutter der Demokratie und Freiheit. Etablierte, demokratische Parteien haben es dort nicht einmal in den zweiten Wahlgang geschafft“, so Daiker.
Sein Plädoyer richtete sich vor allem an die Gegner Europas. „Haben wir schon vergessen, dass wir hier schon seit 70 Jahren Frieden haben?“, fragte Daiker sein Publikum. Doch wurde auch ein Blick in die Innerdeutsche Wirtschaft geworfen. Ein stetiges Wachstum, ein hohes Bruttoinlandsprodukt und ein Rekord-Geldvermögen im privaten Sektor – eigentlich kann man nicht meckern. Daiker machte aber auch klar, dass es bei der Betrachtung der Zahlen oft genug noch zu Schieflagen kommt. „Zehn Prozent der Reichen besitzen zwei Drittel des Vermögens. Die Spitze der Aktienunternehmer verdient im Durschnitt 60-mal so viel wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer“, so Daiker. Bei VW geht das Zahlenspiel sogar noch einen Schritt weiter. „Ein VW-Vorstand verdient das 149-fache eines Arbeitnehmers. Und da muss man schon die Frage stellen, ob das alles tatsächlich noch seine eigene Leistung ist.“
Auch für die Thematik „Digitalisierung“ hatte Daiker eine Prognose im Gepäck, sie habe das Potential für eine bessere Welt. „Die Geschichte der Arbeitnehmerbewegung ist auch immer eine Bewegung der technologischen Entwicklung.“ Er richtete deutliche Forderungen an die Politik. Vor allem eine Anpassung der Arbeitsmarktpolitk hat für ihn oberste Priorität. „Die Chance war noch nie so groß, die Arbeitszeiten an den Menschen anzupassen“, so Daiker.
In diesem Zusammenhang wurde bei der Kundgebung auch nochmal massiv auf die diesjährigen Sozialwahlen aufmerksam gemacht. „Da geht es um die Milliarden an Krankenversicherung und Rentenversicherung, die jeder von uns einzahlt“, erklärte Dörfler. In den gewählten Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherungsträger wird entschieden, wie mit unseren Beiträgen umgegangen wird. Dabei steht eine ganze Reihe von Listen zur Wahl, und gerade lohnt sich auch ein zweiter Blick auf die Themen und die Pläne der einzelnen Kandidaten.
In der Region sah Dörfler abschließend zwei große Baustellen, bei denen er Handlungsbedarf erkennt. Immer mehr Arbeitsplätze werden befristet. „Vor allem für junge Menschen ist das schwierig, weil sie keine Planungssicherheit mehr haben“, erklärte Dörfler. Auch den Boom der Billiglohnarbeitsplätze in der Region kritisierte er. „Wenn es einen gesetzlichen Mindestlohn gibt, dann muss man sich auch daran halten“, so Dörfler weiter.
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