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Quo vadis Pflege

(Wolnzach, hr)

Jutta Winter im Gespräch mit Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer (CSU)

Wie ist es um die Pflege bestellt? Das ist eine Frage, die vielen unter den Nägeln brennt. Aus diesem Grund hat sich die Wolnzacher Frauenunion einen ausgewiesenen Fachmann eingeladen. Erich Irlstorfer, der für die Christsozialen seit über drei Jahren im Deutschen Bundestag sitzt, hat an den Reformen in der Pflegeversicherung maßgeblich mitgewirkt.

„Mein Ziel war es, von der Minutenpflege wegzukommen“, erklärt der Politiker gleich zu Beginn. Bis auf jede einzelne Sekunde war es geregelt, wie lange eine Pflegefachkraft für das Waschen, Anziehen, Frisieren oder das Zubereiten der Mahlzeiten benötigen darf. „Mit Teilhabe hat das nichts zu tun“, so Irlstorfer. Für ihn steht der Mensch im Vordergrund.

Was kann der Patient, und bei welchen Tätigkeiten braucht er Unterstützung, beide Aspekte sind für den CSUler der Dreh- und Angelpunkt aller Gesetzesänderungen. „Wenn jemand mit 82 seinen Braten eigenständig schneiden kann, dann muss er das dürfen - auch wenn es länger dauert!“Zeit war jedoch in diesem Beruf eine Mangelware. Um diesen Missstand systematisch zu beheben, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Anstrengungen unternommen.

Die Heime und stationären Einrichtungen wurden mit zusätzlichen Finanzmittel ausgestattet, die Minutenpflege gehört der Vergangenheit an und die bislang drei Pflegestufen wurden durch fünf Pflegegrade ersetzt. „Uns ging es vor allem darum, für die Patienten, Angehörigen und die Pfleger passgenaue Lösungen zu finden. Dass die bayerischen Christsozialen dabei in vielen Punkten mehr Gemeinsamkeiten mit der SPD als mit ihrer eigenen Schwester hatten, daraus machte Irlstofer keinen Hehl, im Gegenteil er lobte die parteiübergreifende Zusammenarbeit.

Auch wenn man vieles erreicht hat - der Betreunungsschlüssel für Pflegefachkräfte konnte in einem ersten Schritt von 24 auf 20 gesenkt werden und Demenz so wie Alzheimer wurden bei den Pflegegraden berücksichtig - müssen bei einer Reform der Pflegeversicherung zahlreiche Interessen ins Auge gefasst werden. Faire Löhne auf der einen, der Versicherungsbeitrag auf der anderen Seite. „Die Politiker sind gefordert, die Rahmenbedingungen zu setzen“, so der CSUler.

Emotional. engagiert, bestimmt: Erich Irlstorfer ins Sachen Gesundheit

Eine gute Ausbildung und ordentliche Löhne sind für ihn dafür eine zentrale Grundvoraussetzung, den Beruf der Pflegefachkraft auf in Zukunft attraktiv zu gestalten. Jedoch wandte er sich gegen die SPD-Forderung eines generalisierten Studiums. Der Modellversuch, der dem zugrunde liegt, hat für Irlstorfer nur wenig mit der Realität zu tun. 70 Prozent der Teilnehmer waren Gymnasiasten, weiter 20 Prozent verfügten über einen sehr guten Realschulabschluss und lediglich 10 Prozent kamen von einer Hauptschule.

„Natürlich können wir mit diesen Schüler eine gemeinsame Ausbildung wagen. Die schaffen das“, fügt der Bundestagsabgeordnete an. Im selben Atemzug warnte er aber auch vor einer Akademisierung dieses Berufs. Ein solches Ansinnen ist in seinen Augen „weltfremd“ und löst auch die Probleme nicht. Er warb an dieser Stelle für eine zweijährige Grundausbildung, nach der die angehenden Fachkräfte sich für einen der drei möglichen Berufszweige - Kinderkrankenpflege, Krankenpflege oder Altenpflege - entscheiden. Ein Weg, der aus Ilrtorfers Sicht nicht nur die unterschiedlichen Berufsbilder besser abbildet, sondern auch die Ausbildung einer wesentlich breiteren Schicht ermöglicht. „Unser Ziel ist, dass wir hier genügend Fachkräfte haben und eben keinen Bahnhof der Enttäuschten.“

Neben der Pflegeversicherungen stehen die Krankenhäuser seit einiger Zeit verstärkt im Fokus der Politik. „Das Patientenverhalten hat sich hier in den letzten Jahren grundlegend verändert“, erklärt Ilrstorfer. Anstatt am Wochenende den kassenärztlichen Notdienst aufzusuchen, begeben sich viele in die Notaufnahmen. Gerade aber Patienten, bei den es sich nicht um einen Notfall handelt, für die ein Aufenthalt in einem Krankenhaus nicht notwendig ist, führen dort zu einem enormen Defizit. „Pro Patient liegt das zwischen 80 und 120 Euro“, führt der Politiker aus. Was darüber hinaus viele oftmals nicht bewusst ist, Notaufnahmen verfügen nicht über eine kassenärztliche Zulassung und können somit keine Rezepte verordnen oder Krankschreibungen ausstellen.

Gleichzeitigkämpfen immer mehr Regionen damit, den hausärztlichen Notdienst grundsätzlich aufrecht zu erhalten. Vor diesem Hintergrund sollen an Kliniken sogenannte Protalpraxen eingeführt werden. Eine Neuerung, mit der man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen will. Einerseits wird das Problem mit den Notdiensten gelöst und andererseits auch die Klinken entlastet. „Wir haben hier in Modellversuchen gute Erfahrungen gemacht“, so Ilrstorfer, der sich zuversichtlich zeigte, dass diese Neuerung auch bei anderen Kliniken den nötigen Erfolg bringt.

So fällt die Bilanz des Bundestagsabgeordneten nach drei Jahren durchaus positiv aus. Dennoch von Euphorie ist keine Spur. „Wir müssen r genau hinschauen und die Systeme immer wieder überprüfen“, erklärt Irlstorfer.
 

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