ApothekerInnen wehren sich
(Wolnzach, wk)Im letzten Jahr kam vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Entscheidung gegen die Preisbindung von verschreibungspflichtigen Medikamenten, da sie den freien Warenverkehr behindern würde und ausländische Apotheken diskriminiere. Treiber des Verfahrens war eine ausländische Versandapotheke. Diese Entscheidung „schlug wie eine Bombe bei den Apothekern ein“, so Bundestagsabgeordneter Erich Irlstorfer bei einer Gesprächsrunde mit Apothekerinnen und Apothekern im „Haimerlhof“.
Der EuGH wollte mit seiner Entscheidung den Preiswettbewerb der Apotheken fördern, denn den Richtern war nicht erkennbar, dass festgelegte einheitliche Preise für verschreibungspflichtige Medikamente eine bessere Versorgung der Patienten in Deutschland sichern könnten. Das Bundesgesundheitsministerium hatte deshalb vor Weihnachten einen Referentenentwurf vorgelegt, der den Versandhandel aus dem Ausland mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten soll. Der ausländische Versandhandel bietet deutschen Patienten Boni bei der Internetbestellung an, die in Deutschland nicht zulässig sind. Außerdem würde der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten Apotheker-Arbeitsplätze besonders in ländlichen Regionen gefährden und verschreibungspflichtige Medikamente seien kein alltägliches Gut, das ohne Beratung abgeben werden sollte, so das Ministerium.
MdB Erich Irlstorfer hatte wegen dieser Thematik dreißig Apotheker aus seinem Wahlkreis Freising/Pfaffenhofen eingeladen, von denen die meisten diese Einladung wahrnahmen, um deren Meinung zu hören, da in nächster Zeit innerhalb der Koalitionsrunde über diesen Gesetzesvorschlag diskutiert werden soll. Irlstorfer informierte die Anwesenden über die Fakten, ohne ein Grundsatzreferat halten zu wollen, doch nach seiner Auffassung, sollte der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verboten werden.
Eine Apothekerin machte deutlich, dass die Apotheke vor Ort dringend notwendig seien, da nicht nur Medikamente verkauft würden, sondern auch Beratung und Notdienste geleistet würden, die von Versandapotheken nicht gemacht würden. Außerdem würden Apotheken ausbilden, seien ein Arbeitgeber vor Ort und zahlten steuern und Sozialversicherungen – der ausländische Versandhandel nicht. Ein Kollege ergänzte, dass die Versandapotheken nicht entstanden seien, um der Versorgung der Bevölkerung zu dienen, sondern weil sie Interesse an großem Umsatz und Gewinn hätten und den Zwischenhandel ausschalten wollten. In der Apotheke vor Ort würden ausgebildete Fachkräfte die Kunden beraten können – diese Qualität könnten Versandapotheken nicht bieten. Wenn es nur um den günstigsten Preis gehe, sollte man den Richtern einmal vorschlagen, ihre Stellen öffentlich auszuschreiben – und wer dann mit dem niedrigsten Gehaltsangebot komme, würde dann die Stelle erhalten – doch das würden die Richter nicht akzeptieren, da die Qualität der Rechtsprechung leiden würde. Gleiches gelte auch für Apotheker. Er wies auch den Vorwurf zurück, dass Apotheker irrsinnig viel verdienen würden, denn das Einkommen sei durch gesetzliche Regelungen schon stark eingeschränkt. Es gebe eben auch Apotheken, die Pleite gegangen seien.
Auch Apotheker könnten bei Notdiensten aufgrund ihrer guten Ausbildung gelegentlich Krankenhausaufenthalte von Kunden vermeiden, wenn sie die im Notfall richtigen Medikamente verabreichen, wie es ein Kollege erläuterte – so würden auch Kosten für die Sozialversicherung gespart. Eine junge Apothekerin ergänzte, dass viele Apotheken auf dem Land deshalb noch existieren würden, weil sie im eigenen Gebäude betrieben würden. Außerdem seien die Einkommen im Vergleich mit anderen gut ausgebildeten Berufen eher gering, dazu würden permanent die Kosten steigen, so dass die Margen immer weiter sinken würden. Außerdem hätten diese Apotheken zu 80 Prozent Rezeptanteile – Nebenwaren würden dagegen weniger verkauft als in Großstädten. Und wenn es dann zum Preiskampf käme, würden diese Landapotheken in Existenznot geraten. Schließlich könnten Apotheker ihre Kunden nicht zum Mehrverbrauch von Arzneimitteln anregen, sondern sie würden von den ausgestellten Rezepten leben. „Was kann DocMorris (Versandapotheke aus Holland; wk) besser als wir?“, so die abschließende Frage eines Apothekers. Sollte die Entwicklung so weiter gehen und Amazon auch noch in den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten einsteigen, dann sehen die Apotheker „schwarz“.
Erich Irlstorfer unterstrich, dass die gute Leistung von Apothekern auch gut bezahlt werden müsse, obwohl die Beratungsleistungen der Apotheker selbst nicht extra honoriert würden (anders als bei Ärzten, wie eine Apothekerin ergänzte) - und dass die CSU-Abgeordneten in Berlin zu gut einhundert Prozent auf der Linie der Apotheker seien. Die Menschen wollten ein gutes Gesundheitssystem und dass bei dem demografischen Wandel dieses Thema immer wichtiger werde, denn Medikamentenversorgung sei auch eine Daseinsvorsorge. Er versprach den Anwesenden, sie über die weiteren Verhandlungen in Berlin durch E-Mail weiterhin zu informieren und nahm ihre Anregungen und Argumente mit nach Berlin.
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