Pro Life kämpft mit Landtags-Petition gegen Hähnchenmast
(Eschelbach, rt)Symbolbild: Raths
„Pro Life“ nennt sich eine Initiative zu der sich Eschelbacher Bürger zusammengeschlossen haben um gegen die geplante Hähnchenmastanlage in ihrem Ort zu kämpfen. Erreichen wollen sie dies mit einer Petition an die Adresse des Bayerischen Landtages. Unserer Zeitung liegt der Eingabewortlaut vor, den wir in diesem Beitrag veröffentlichen.
Im Widerstand zur Hähnchenmastanlage, die in Bayern mit rund 145.000 Tieren die größte wäre, kursiert jetzt eine Unterschriftenliste, mit der sich im kommenden Januar der Petitionsausschuss des Landtags befassen soll. Anwohner befürchten unter anderem starken Lastwagenverkehr und Gestank in ihrer Ortschaft. Eine Entscheidung des Pfaffenhofener Landratsamtes im Genehmigungsverfahren zur Erweiterung der bereits bestehenden Mastanlage soll bekanntlich zuvor fallen, und zwar noch bis Ende Dezember. Dem soll mit der nachstehend im Wortlaut veröffentlichten Petition von „Pro Life“ entgegengewirkt werden. Die Initiative bezweifelt unter anderem die Rechtmäßigkeit des Verfahrens und übt außerdem heftige Kritik. Ziel sei es letztlich, die Genehmigung zu verhindern.
Hier die Petition im Wortlaut:
„Petition an den Bayerischen Landtag gegen die größte Hähnchenmast - Anlage Bayerns in mitten des Hopfenlandes Holledau
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit dieser Petition nach Art. 115 der Bayerischen Verfassung an den Landtag möchten wir Beschwerde einlegen gegen das Vorgehen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, nämlich des Landratsamts Pfaffenhofen/Ilm und seiner Ämter.
Gegenstand der Petition
Beschwerde gegen die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns nach § 8a BImSchG durch das Landratsamt Pfaffenhofen, Abt. Immissionsschutzverwaltung, vom 28.10.2016. Mit einer Genehmigung des u.g. Projektantrags muss gerechnet werden. Da diese wohl vor Abschluss des Petitionsverfahrens erteilt wird, soll auch die endgültige Genehmigung, gegen die wir uns wenden, vorsorglich Teil dieser Petition sein. Projektantrag: Antrag gemäß § 16 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zur Änderung der Hähnchenmastanlage durch Sanierung der bestehenden Stallungen auf Flur-Nr. 550 der Gemarkung Eschelbach. Errichtung und Betrieb von zwei Hähnchenmastställen auf Flur-Nr. 608, 617/3 der Gemarkung Eschelbach und Stilllegung der Stallungen auf Flur-Nr. 102 der Gemarkung Eschelbach; gemäß Bekanntmachung vom 11.02.2016. Die Tierzahl soll auf 144.600 erhöht werden, wodurch in einem Ort mit weniger als 400 Einwohnern die größte Hähnchenmastanlage (HMA) Bayerns entstehen würde.
Aktueller Stand des Verfahrens
Das Genehmigungsverfahren wird laut Landratsamt noch im Jahr 2016 abgeschlossen. Aktuell sind noch zahlreiche Einwendungen unbeantwortet. Nach Auskunft des Landrats stehen noch zwei Stellungnahmen von Fachbehörden aus.
Gründe für die Ablehnung der Erweiterung der HMA und des vorzeitigen Baubeginns
Im Folgenden werden die wichtigsten Gründe im Interesse einer guten Lesbarkeit knapp aufgeführt. Auf Wunsch werden diese gern ausführlicher dargestellt und durch Belege ergänzt.
Die Voraussetzungen für die Privilegierung der Landwirtschaft nach §§ 201 BauGB sind nicht gegeben:
Der Antragsteller baut keine Futtermittel an.
Seine Flächen sind zu 86% gepachtet, teils ohne schriftliche Pachtverträge, was keine ausreichende Nachhaltigkeit des Flächenbezugs erwarten lässt.
Die Restlaufzeit der Pachtverträge ist nicht bekannt.
Die Flächen reichen nach unserer Berechnung nicht einmal für die von Gerichten meist geforderten 51% Futtergrundlage aus, wenn der Antragsteller denn Futter anbauen würde.
Die Flächen werden beinahe ausschließlich für den Betrieb der Biogasanlage benötigt und nicht für den möglichen Anbau von Futtermittel.
Der vorzeitige Baubeginn ist nicht juristisch korrekt, da die Voraussetzung, dass mit einem positiven Ausgang des Genehmigungsverfahrens zu rechnen ist, nicht gegeben ist. Auch der Landrat hat mehrfach betont, dass noch alles offen sei.
Die Antragsunterlagen, die öffentlich ausgelegt wurden, waren fehlerhaft, widersprüchlich und unvollständig. Dennoch erhielt die Öffentlichkeit nur auf direkte Nachfrage die Gelegenheit, die ergänzten und überarbeiteten Unterlagen zu sichten. In Einwendungen wurde eine große Zahl von Argumenten vorgebracht, oft mit Quellenangaben untermauert, von denen nur ein kleiner Teil beantwortet bzw. erörtert wurde.
Der Brandschutz ist unzureichend, im Brandfall könnten die Tiere nicht gerettet werden. Die Löschwasserversorgung sowie die Feuerwehrzufahrten sind ungenügend.
Die Anwohner erleben einen Verfall ihrer Miet- und Immobilienpreise.
Sämtlicher anlagenbezogener Verkehr muss durch die Ortsmitte Eschelbachs und über die, in sehr schlechtem Zustand befindliche Verbindungstraße zur ST2232, abgewickelt werden.
Die Straßenbreite beträgt meist nur 4,75m, so dass bei Begegnungsverkehr auf den Fußweg ausgewichen werden muss, was Fußgänger gefährdet. Bei der Verbindung zur Staatsstraße muss auf das unbefestigte Bankett ausgewichen werden, wodurch dieses beschädigt wird. Viele Fahrten mit schweren LKW und Traktoren finden nachts statt, daher ist die Lärmbelästigung hoch.
Die Angaben zum Verkehr und zu Lärmemissionen im Antrag sind sehr optimistisch gerechnet, teils auch fehlerhaft. Die Verkehrsbelastung des Ortes ist bereits jetzt unerträglich. Der Gemeinderat von Wolnzach hat aus diesem Grund zwei Mal das gemeindliche Einvernehmen fast einstimmig verweigert. Das Landratsamt hat aber bereits angekündigt, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen.
In den meisten Hähnchenmastanlagen werden resistente Keime gefunden. Die Bevölkerung wird nicht ausreichend vor ihnen geschützt.
Der Mist aus den Anlagen soll in der Biogasanlage des Antragstellers verwertet werden. Die Genehmigungsbehörde interessiert sich überhaupt nicht dafür, wie der Mist dorthin transportiert und gelagert wird. Ebenso wenig will sie Nachweise zur Entsorgung der Gärreste sehen. Die Belastung von Anwohnern, Böden und Grundwasser durch Ammoniak, Nitrat, Phosphat, Antibiotika, resistente Keime u.a. durch die ausgebrachten Gärreste ist ebenfalls unwichtig, da angeblich als Entsorgungsnachweis genügt, dass der Mist zur Biogasanlage gebracht wird.
Die Geruchsbelastung ist in Eschelbach bereits jetzt je nach Windrichtung hoch, Fenster können nicht geöffnet werden, man kann nicht auf der Terrasse sitzen. Durch die Baumaßnahmen werden die Emissionen erhöht. Höhere Kamine mit stärkeren Lüftern verteilen die Emissionen weiter, so dass zwar einzelne Gebiete eine Verbesserung erfahren, andere aber eine Verschlechterung. Die Vorgaben der DIN 18910 und der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung werden bezüglich Luftwechsel nicht eingehalten. Selbst bei Betrieb aller Lüfter auf höchster Stufe werden die Empfehlungen der DLG von 2014 für Neubauten nicht erreicht.
Die zulässige Zahl von Tieren wird überschritten, wenn nicht im Splittingverfahren ein Teil der Tiere vorzeitig geschlachtet wird. Der Antrag enthält dazu jedoch keine präzisen Angaben.
Durch die wasserdampfgesättigte Abluft werden Bewölkung und Nebel regional zunehmen.
Das immissionsschutztechnische Gutachten enthält zahlreiche Fehler, die u.a. durch Vertreter des BN, seinen Rechtsanwalt und den Gutachter Knut Haverkamp nachgewiesen wurden. Dadurch wird die Belastung zu niedrig eingeschätzt.
Verschiedene Bestimmungen der TA Luft werden nicht eingehalten bzw. sind kaum nachprüfbar.
Die Antragsunterlagen berücksichtigen z.B. bei den Emissionen nicht, dass der Antragsteller eine Leistungserhöhung seiner Biogasanlage beantragt hat, die zu einer Erhöhung der Emissionen führen wird.
Im Umfeld der HMA befinden sich zahlreiche Biotope, darunter ein Wald- und Quellbiotop, das bereits stark eutrophiert ist. Das Quellwasser weist bis zu 86mg Nitrat pro Liter auf (Gutachten kann bei Bedarf übermittelt werden). Die Behörden fordern nicht etwa eine Wiederherstellung des Biotops, sondern empfinden es als positiv, dass die Ammoniak-Belastung dieses Biotops durch die höheren Abluftkamine geringfügig reduziert werden soll – was wegen der durch Gutachter Haverkamp nachgewiesenen Berechnungsfehler zweifelhaft ist. Die Nitratbelastung des Grundwassers der Region ist kritisch, Tendenz weiter zunehmend. Zudem ist mit einer Schädigung des am Hang stehenden Waldes zu rechnen.
Nach § 13 Abs. 2 GrwV sind „Maßnahmen aufzunehmen, die den Eintrag von Schadstoffen und Schadstoffgruppen der Anlage 8 in das Grundwasser begrenzen.“ Anlage 8 enthält mehrere Schadstoffe, die von einer Hähnchenmastanlage typischerweise emittiert werden, u.a. Phosphate, Nitrat und Ammonium. Wie würde eine Genehmigung einer Verdreifachung des Tierbestands dieser Verordnung gerecht?
Nach § 10 Abs. 2 GrwV sind bereits dann Maßnahmen zur Trendumkehr einzuführen, wenn ein zunehmender Trend (also steigende Schadstoffkonzentration) beobachtet wird und einer der genannten Schadstoffe „drei Viertel des Schwellenwertes, der gemäß § 5 Absatz 1 festgelegt worden ist, erreicht.“ Das ist hier eindeutig der Fall. Hier würden jedoch durch eine Genehmigung trendverstärkende Maßnahmen getroffen.
Ziel dieser Petition: Keine Genehmigung des Erweiterungsantrages Hähnchenmastanlage!“
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