Schürze ist Kult
(Larsbach , rt)Kreisbäuerin, Buchautorin, Referentin - das alles ist Sieglinde Hollweck, die in Larsbach zum Thema Heimat sprach.
Dass Heimat eine ebenso vielfältige wie auch individuelle Bedeutung haben kann, das wurde am heutigen Vormittag bei der dritten Gebietsversammlung der Landfrauen des Bayerischen Bauernverbands (BBV) im Larsbacher Gasthaus Waldinger deutlich. Die Referentin und Kreisbäuerin Sieglinde Hollweck aus Neumarkt in der Oberpfalz erzählte dort unter dem Titel „Heimat, wo ich geborgen bin“ sehr persönliche Erlebnisse, spannte aber auch einen allgemeingültigen Bogen vom Beginn des Lebens bis zu seinem unausweichlichen Ende.
Hollweck ist 57 Jahre alt, führte bereits mit 18 Jahren ihren eigenen Hof, ist vierfache Mutter und fünffache Oma. Sie steht mit beiden Füßen fest auf der Erde und weiß, wovon sie spricht. Es werde eine Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, leitete sie ihren launigen Vortrag rund um den Begriff Heimat im vollen Saal des Gasthauses ein.
“Es gibt kein Rezept zum Glücklichsein, aber es einiges, was man dafür tun kann“, so Hollweck. Kleine Bausteine seien es, die zum Glück führten. Das könne schon ein Spaziergang mit dem Hund sein, führte die Kreisbäuerin als Beispiel an. Vom Glück zur Heimat war dann nur ein kleiner Schritt: „Heimat ist da, wo man sich wohl fühlt, wo man geborgen ist.“ Also ein Ort, wo man glücklich sein kann. „Heimat kann auch dort sein, wo unsere Grabstätten sind.“ Doch Heimat werde sich auch verändern. „Unser Land wird bunter werden“, sagte Hollweck. Durch Zuwanderung würden Mischfamilien in Zukunft zum normalen Bild auch auf dem Land werden.
Setzt die Familie nicht auf's Spiel
Ebenso gehöre Landschaft und Landwirtschaft zum Heimatbegriff; auch dort gebe es Veränderungen. Und zwar nicht nur durch Windräder. „Wo es früher drei Kühe gab und zehn Kinder in der Familie gibt es jetzt 100 Kühe und ein Kind.“ Viele Bauern würden in ihrem Wirtschaften das rechte Maß verlieren, sich übernehmen und dabei sogar ihr Familienleben aufs Spiel setzen. „Sagt euren Männern, wenn sie die Handbremse anziehen sollten“, riet Hollweck.
Die Kreisbäuerin erkennt aber auch Vorzeichen des womöglich unausweichlichen Höfesterbens: „Wenn das letzte Hoftor geschlossen ist, wird man erst merken, was man verloren hat.“ Es gibt also Hollweck zufolge eine Pluralität von Heimatvorstellungen mit räumlicher und mentaler Dimension in der wir leben müssen oder auch dürfen. Gefühle von Geborgenheit und Vertrautheit sind eng damit verbunden. Der Philosoph Karl Jaspers hat es einmal so ausgedrückt: „Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde“.
Rettet die Schürze
Vielleicht infolgedessen legt Hollweck auch auf den Erhalt von Traditionen besonderen Wert, wozu selbstverständlich auch der Dialekt gehört. Ihn zu bewahren, ihn sich nicht nehmen zu lassen, dies sei ebenso wichtig, wie die Rettung eines schon fast ausgestorbenes Utensils: die Trägerschürze. Für Hollweck ein Kultobjekt, wie sie betonte; sie zu tragen, das sei an sich schon Kult. Und zur Bekräftigung der schier endlosen Praxistauglichkeit stellte sie sie vor als Topflappen, Tränentrockner, Handwärmer, Schneuztuch, Holztragerl und Fallobstsammelbecken. Den Bäuerinnen riet sie mit einem Augenzwinkern, so eine Trägerschürze doch ihren Schwiegertöchtern als Weihnachtsgeschenk unter den Christbaum zu legen.
Nach vielen heiter erzählten Episoden aus dem Leben wurde Hollweck am Ende ernst. Die Kreisbäuerin stellte da die rhetorische Frage, wie denn eigentlich unser Alter sein werde. Dazu gibt es freilich keine wirkliche Antwort. Ganz davon abgesehen, dass niemand von sich behaupten kann, das Alter auch zu erleben. Treffender auszudrücken, was Heimat wirklich ist, hätte Hollweck es dann wohl nicht können als mit dem Satz: „Wenn eine Hand da ist, die der Mensch auch loslassen kann in seiner letzten Stunde.“
Weitere Vortrags-Termine von Sieglinde Hollweck anlässlich der BBV-Gebietsversammlungen sind am Donnerstag 17. November in Ernsgaden und am Freitag 18. November in Gerolsbach. Interessenten können sich bei der BBV-Geschäftsstelle Ingolstadt unter der Rufnummer (08 41) 4 92 94-0 informieren.
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