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Das wiederkehrende Wolnzacher Spektakel

(Wolnzach, Ein Kommentar von Harald Regler)

Der Gemeinderat in Stein - ein Relikt für die Nachwelt?

Eigentlich muss man sich mittlerweile fragen – die Wahl liegt nun gut 29 Monate zurück – für was wurde dieses Gremium gewählt, denn wenn man als Beobachter die Sitzungen verfolgt, dann scheint es in den meisten Fällen nicht mehr um Sachthemen zu gehen, sondern der Streit und gegenseitige Vorwürfe stehen im Zentrum vieler Diskussionen. Wolnzach selbst gerät dabei offenbar immer mehr ins Hintertreffen .

Die Tagesordnung war – anders kann man es in diesem Fall nicht sagen – einfach. Rein der Sache nach stand kaum ein strittiger Punkt auf ihr. Doch für Wolnzach heißt das bekanntlich nichts. Hier wird schon mal Stunden über das Protokoll, „das Gedächtnis des Marktes“ erbittert gestritten. Im aktuellen Fall entzündet sich, die ohnehin seit dem Wahlkampf noch nie abgekühlten Gemüter an der „nicht“ vorhandenen Fähigkeit die Tagesordnung der Sitzung vom 15. September zu lesen. Dort stand unter Punkt zwei: „Bebauungsplan Nr. 143 für das Gebiet "An der Hoholt-Pilgrim-Straße" in Wolnzach im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a Baugesetzbuch (BauGB); hier: Billigung des Bebauungsplanentwurfes“

Doch genau von dieser Billigung wollte nun einige Wochen später Gemeinderat Peter Rech nichts gewusst haben. „Wir haben diesen Bebauungsplan nicht gebilligt“, so sein Einwand nicht nur gegen das Protokoll, sondern auch gegen die Abstimmung der vergangenen Sitzung. Seine Ausführungen diesbezüglich waren bekanntermaßen die gleichen, wie sie von ihm fast zu jeder Sitzung gebetsmühlenartig vorgetragen werden: Die Unterlagen habe er zu spät erhalten und somit sei eine Vorbereitung auf die Sitzung nicht möglich gewesen. Auch an dieser Sitzung brachte er wieder vor, dass ihm die Akten erst am Dienstag postalisch zugestellt worden sind. Dass der FDP-UW-BGWler durchaus schneller an die Unterlagen kommen könnte, wenn er wie die überwiegende Mehrheit, das Ratsinformationssystem nutzen würde, das sei hier nur am Rande erwähnt. Viel entscheidender ist, dass in diesem Gremium aktuell jede Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit fehlt.

Wie der CSUler Max Weichenrieder treffend bemerkte, gab es in früheren Jahren einen Konsens unter den Fraktionen, dass Änderungswünsche, die das Protokoll betreffen, in der Fraktionsführerbesprechung artikuliert werden. Ein Konsens, der in Wolnzach schon lange seine Gültigkeit verloren hat. Doch insgesamt ist seit der vergangenen Wahl deutlich mehr als nur diese Übereinkunft auf der Strecke geblieben. Auch das Verständnis von Kommunalpolitik an sich hat sich zumindest in Wolnzach gehörig verändert. „Wir sitzen auf der falschen Seite des Tisches“ hat SPD-Fraktionsführer Werner Hammerschmid in einem Kommentar auf Hallertau.info geschrieben und differenzierte hier selbst zwischen Regierung und Opposition. Ein Satz, der vieles aussagt und vieles erklärt.

Sprach man bis 2014 von einem Gemeinderat, der in einer gemeinsamen Diskussion versucht für den den Markt die besten Entscheidungen zu treffen, so scheinen heute mehr denn je Parteigrenzen eine Rolle zu spielen, bei dem was man sagt. Mit den Begriffen Regierung und Opposition triff man den Nagel ziemlich genau auf den Kopf. Und so war auch die vergangene Sitzung wieder einmal geprägt von gegenseitigen Vorwürfen. Welche Bemerkung hier am Ende schlimmer einzustufen ist – die Zwischenrufe des Landtagsabgeordneten Karl Straub oder die ständigen Vorwürfe der SPD-Rätin Marianne Strobl – sei an dieser Stelle dahingestellt. Fakt ist aber, über diese Auseinandersetzung rücken Sachthemen mehr und mehr in den Hintergrund. Es scheint nicht mehr um die eigene Heimat zu gehen, sondern mehr um die „persönlichen Befindlichkeiten“ beziehungsweise um die „Wertschätzung“, die einem entgegen, oder eben auch nicht entgegen gebracht wird. Themen, wie der Breitbandausbau oder die Erstellung eines integrierten städtebaulichen Konzeptes werden damit auf dem „Altar der Selbstdarstellung“ geopfert, denn die Show vor Publikum und Presse scheint am Ende wichtiger zu sein, als alles andere.

Nun ist über das Verhalten und die Wolnzacher „Diskussionskultur“ in der Vergangenheit viel geschrieben worden. Nur eines sei an dieser Stelle noch gesagt: Schade, dass das „Gedächtnis des Marktes“ kein Wortprotokoll ist, denn nachfolgende Generationen hätten an den Stammtischen und vielleicht auch auf der einen oder anderen Theaterbühne sicher ihre helle Freude.
 

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