Im Auwald gehen die Uhren anders
(Pfaffenhofen / Grünau, rt)Auwald ist bereits seit Jahrhunderten vom Menschen wesentlich beeinflusst und keinesfalls so natürlich, wie vielfach angenommen wird. Wie er einstmals in seinem Urzustand ausgesehen hat, weiß niemand.
Die Bewirtschaftung des Auwalds unter Berücksichtigung des Naturschutzes stand im Mittelpunkt eines unlängst im Jagdschloss Grünau bei Neuburg abgehaltenen Symposiums. Dazu eingeladen hatte Andreas Hahn, stellvertretender Leiter der Forstabteilung am Pfaffenhofener Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Rahmen des bayerischen Aktionsjahres Waldnaturschutz. Der Förster stellte gleich zu Anfang fest: „Im Auwald gehen die Uhren anders!“
Nicht nur zwischen Neuburg und Ingolstadt, sondern auch an der Paar, zumindest in mehr oder weniger reliktartiger Form, gibt es noch Auwald. Frei von Bewirtschaftung ist er allerdings hier wie dort nicht. Neben staatlichen und kommunalen Betrieben nutzen den Donau-Auwald vor allem der Wittelsbacher Ausgleichsfonds (WAF) aber auch zahlreiche private Waldbesitzer.
Harald Textor, Forstdirektor des Hauses Wittelsbach
Harald Textor, WAF-Forstdirektor, räumte eingangs mit dem romantischen Auwaldbild des Durchschnittsbürgers auf. Entgegen landläufiger Meinung handele es sich beim Auwald, wie er sich seit Jahrhunderten und bis heute darstelle darstellt, nicht um eine ursprüngliche Waldform. Vielmehr sei es ein vor 500 bis 800 Jahren vielfach mit der Eichen von Menschen geschaffener Landschaftsteil. Der WAF sei, in einer Anspielung auf die historischen Hintergründe unter dem Einfluss des Hauses Wittelsbach als eines der ältesten deutschen Adelshäuser, deshalb auch als „Verursacher dieses Naturreichtums“ zu sehen. Wildnis sei in diesem Zusammenhang als eine „ideologische, halbwissenschaftliche Idee“ zu betrachten. Guten Gewissens kann heutzutage Bewirtschaftung im Auwald betrieben werden, folgt man Textors Argumentation weiter: „Mit aktiver Forstwirtschaft können wir auch aktiven Naturschutz betreiben.“
Elmar Bernauer, Chef des Forstbetriebes Kaisheim
Als von unschätzbarem Wert bezeichnete Siegfried Geißler von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen den quasi vor seiner Haustüre liegenden und mit etwa 5.000 Hektar größten Auwald in Bayern. „Schon fast die Größe eines Nationalparks“, sagte Geißler mit einem Augenzwinkern. Genutzt worden sei er als Nieder- und Mittelwald seit Jahrhunderten als Brennholzlieferant. In seiner heutigen Hochwaldform komme ihm wieder diese Bedeutung zu, was auch ein Grund sein könne, Auwald zu erhalten. Einen weiteren Grund, Auwald zu erhalten, sehe er im Grund- und Hochwasserschutz. Auwald bietet nämlich einen immensen Rückhalteraum. Allerdings forderte er auch Refugien ein: „Wir brauchen auch Bereiche, wo Natur sich wieder entwickeln kann – ohne den Menschen.“ Die natürliche Baumvegetation von Auwäldern besteht übrigens aus Buche, Kiefer, Fichte und Schwarzpappel mit Esche, Ahorn, Ulme, Kirsche, Linde und Eiche als Nebenbaumarten.
Elmar Bernauer, Leiter des Forstbetriebs Kaisheim der Bayerischen Staatsforsten (BSF), klärte auf, dass auf dem für die kommenden zehn Jahre geltenden operativen Wirtschaftsplan der Staatsforsten mehr vom Schutz des Auwaldes stehe als vom Nützen. Die BSF sind mit rund 1.180 Hektar Fläche einer der größten Auwaldbesitzer. „Eichen über einen Meter Durchmesser werden grundsätzlich geschont“, erklärte Bernauer. Zudem gebe es zur Konfliktvermeidung klare Regeln für den allgegenwärtigen Biber, der akzeptiert und toleriert werde: Keine Pflege mit Kosten in einer Gewässernähe von 20 bis 30 Meter, keine Kulturen mit Edellaubholz, keine Nutzung auf nicht befahrbaren Arealen. Eine Handlungsempfehlung, die durchaus das Potential hätte, auch andernorts angewandt zu werden.
Tagungsort: Das Wittelsbacher Jagdschloss Grünau
Von der Bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft (LWF) aus Freising kam Ulrich Hipler und klärte über das durch einen Pilz verursachte Eschentriebsterben auf. Dies war deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Esche eine häufige Baumart der Auwälder ist. Eine Resistenz zeigten lediglich etwas weniger als ein Drittel der Eschen. Sind die Bäume einmal befalle, sterben die Blätter ab und der Pilz hat freie Bahn bis in die Triebspitzen. „Die Esche wird nicht aussterben“ , beruhigte Hipler und seine Empfehlung lautete, gesunde Bäume stehen zu lassen in der Hoffnung, dass sich einmal Resistenzen ausbilden. Eschen blieben als eine von 27 Arten des Hartholzauwaldes wichtige Gehölze, dass sie auch eine hohe Überflutungstoleranz aufwiesen.
Professor Bernd Cyffka vom Aueninstitut Neuburg der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zog eine Zwischenbilanz der Arbeitsgruppe „Mondau“, die das Monitoring der Donau-Auen verantwortet. Sein Fazit lautete unter anderem, dass Organismen sehr unterschiedlich, auch hinsichtlich der Geschwindigkeit, reagieren. Das Ökosystem der Donau-Auen zeichnet sich auch 40 Jahre nach dem Staustufenausbau durch eine größtenteils vorhandene Widerstandsfähigkeit aus. Für die Biodiversität ist das Wasser mit seinen Schwankungen wichtige Parameter für Veränderungen. Ein langfristiges Monitoring sei vonnöten.
Die im Dezember dieses Jahres in Kraft tretenden Natura-2000-Gebietsmanagementpläne erläuterte Josef Egginger von der Pfaffenhofener Forstverwaltung und sprach dabei von einem „guten Erhaltungszustand des Auwaldes.“ Die Managementpläne seien nur für die Behörden verbindlich und definierten einen zu bewahrenden Erhaltungszustand. Mit dem Artenschutz insgesamt stehe es in Bayern allerdings nicht zum Besten.
Hubert Krenzler, Leiter des Städtischen Forstamts Ingolstadt (ganz rechts) erläuterte auf einer Exkursion anlässlich des Auwaldsymposiums die Bedeutung des sogenannten Mittelwaldes im Gerolfinger Eichenwald und führte zusammen mit Försterin Elisabeth Wender und Josef Göbel von der Bergheimer Waldgenossenschaft die Teilnehmer auf einer Exkursion.
Franz Binder, wie Hipler ebenfalls vom LWF, sprach über den Waldbau im Auwald und erklärte: „Auwald wurde extrem vom Menschen geprägt!“ So sei eine natürliche Eichenverjüngung im Auwald nicht beobachtet worden. Laut Pflanzensoziologie handle es sich per Definition um einen Eschen-Ulmen-Auwald. Buche, Esche und Kiefer seien nutzungsbedingt bereits im Mittelalter weitgehend entnommen worden. Als kritisch sah Binder einen Wasserstand von über drei Meter für alle Bäume an.
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