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Selbstdarsteller par excellence

(Wolnzach, hr)

Viereinviertel Stunden, 255 Minuten oder 15.300 Sekunden, diese Zahlen sagen am Ende mehr über die Sitzung des Wolnzacher Gemeinderates, als jeder weitere Satz. Mehr als vier Stunden tagten die Wolnzacher Gemeinderäte und doch, statt einer Sachdiskussion, konnten die Zuhörer oftmals eine politische Selbstdarstellung par excellence erleben.

Allein die 12 Tagesordnungspunkte, die seitens der Verwaltung aufs Tableau gesetzt wurden, boten Raum für viele Wortmeldungen. Mit den insgesamt 7 Anträgen war nun also die Spielwiese für die Gemeinderäte bereitet, die auch ohne Umschweife genutzt wurde. Schon bei der Genehmigung der Niederschrift kam es zum ersten Eklat. Gemeinderat Matthias Boeck (FDP-UW-BGW) wollte wissen, wie im Zusammenhang mit der Anfrage von Ratskollegen Straub (CSU) im Hinblick auf rechtliche Mittel gegen die „Marktinfo Wolnzach“ der Stand ist und bezeichnete ihn in diesem Zusammenhang als Parteiorgan. Trotz der ausdrücklichen Rüge seitens des Bürgermeisters, war dies nur der Aufgalopp zu einer Sitzung, in deren Zentrum – wie sollte es auch anders sein – die beiden Wolnacher Oppositionsparteien stehen.

Man kann sagen die Ränge waren gute gefüllt, oder - um in der Fußball-Metaphorik zu bleiben - das Stadion war ausverkauft. Viele waren letztlich auch gerade wegen des „Programms“ gekommen. „Die zahlen ja noch keinen Eintritt“, so der Kommentar von Gemeinderat Böck gleich zu Beginn, als wie sollte es anders sein, wieder einmal das Protokoll – trotz bereits mehrfacher Überprüfung durch die Rechtsaufsicht ins Spiel gebracht wurde. „Dazu haben sie sich bereits mehrfach im Landratsamt beschwert. Wir klären das also wieder mit der Rechtsaufsicht“, so der Bürgermeister. Während Gemeinderat Peter Rech (FDP-UW-BGW) also wieder einmal die Formalien beim Protokoll als nicht gegeben sah, stellte Gemeinderat Werner Hammerschmid (SPD) den Antrag gleich drei Punkte von der öffentlichen in die nichtöffentliche Sitzung zu verlagern.

Politisch ein Schuss ins Knie

Zumindest beim eigenen Antrag – Einsetzen einer Fachkraft zur Arbeitsvermittlung für Asylbewerber und zur Unterstützung der örtlichen Betriebe bei Behördenangelegenheiten – blieb er, wie auch schon in der Fraktionsführerbesprechung, eine Erklärung schuldig. Es handele sich um eine Personalfrage. „Wann etwas öffentlich oder nicht öffentlich behandelt wird, das beurteilt die Verwaltung“, so der deutliche Kommentar des Bürgermeisters, der ohne Begründung keinen Grund darin sah, diesen Antrag, zumal niemand wusste, was damit genau gemeint war, in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung zu verlagern.

Gab es an diesem Tag nichts Wichtigeres, musste man bereits über die Tagesordnung streiten. Neben der Asylprobelmatik – die Gemeinde will Unterkünfte für rund 50 Flüchtlinge errichten - standen auch noch die Änderung zweier Flächennutzungspläne und die Kamerabefahrung des Kanalnetzes auf der Tagesordnung. Doch angesichts der Diskussionen, die am Ende im Gemeinderat geführt wurden, traten diese Themen in den Hintergrund. Nicht nur über die Art und Weise, wie ein Protokoll zu führen ist wurde wieder ausgiebig gestritten.

Florian Werther (FW) hatte den Antrag gestellt, nachdem fast in jeder Sitzungen über das Protokoll diskutiert und Änderungswünsche angebracht werden, dieses in ein reines Beschlussprotokoll umzuwandeln, um auch die Verwaltung zu entlasten. Für den Ratskollegen Rech ist das schon jetzt die unterste Stufe, die nun nochmals unterschritten werden sollte. Ein „interessanter“ Gedankenaustausch, den viele Zuschauer gar nicht mehr erlebten. Nach einem wahren Diskussionsmarathon und zahlreichen Schuldzuweiseungen waren sie – im Fußball würde man sagen – in der Halbzeit, oder in der von Bürgermeister Jens Machold um 22.00 Uhr festgesetzten Sitzungsunterbrechung gegangen, vielleicht um sich ein Bier zu kaufen.

An der Sache vorbei

Doch so verlockend ein kühles Bier an dieser Stelle auch gewesen wäre, bleibt noch die Frage, warum nun der Tagesordnungspunkt 14, wie von Werner Hammerschmid beantragt nicht öffentlich behandelt werden sollte. Die Auflösung dieser Frage war in der Dramaturgie der Höhepunkt der Sitzung und gleichzeitig auch der Tiefpunkt der SPD. Marianne Strobl hatte den Wolnzacher Sozialpädagogen Max Thalmeier ins Auge gefasst, um die Vermittlung von Asylbewerbern in Lohn und Brot voranzutreiben. Allerdings hatte die Wolnzacher SPD nicht nur die Medienberichterstattung der letzten Tage in diesem Punkt nicht verfolgt, sondern auch im Vorfeld weder mit ihm selbst, noch mit seinem Dienstherrn – Kämmerer Markus Rieder – gesprochen. „In diesem Punkt wäre es schön gewesen, wenn sie mit uns Rücksprache gehalten hätten“, so Bürgermeister Jens Machold. Politisch also ein Schuss ins Knie – gerade auch weil Bürgermeister Machold angeboten hatte diese Anträge in der nächsten Sitzung zu behandeln. Doch die Antragsstellerin bestand auf der Behandlung. Was der von ihnen anvisierte, aber nicht gefragte Sozialpädagoge Thalmeier davon halten wird, das steht auf einem anderen Blatt.

Dass dann am Ende nach derartigen Diskussionen die Gemüter auf beiden Seiten aufgeheizt waren, ist nicht entschuldbar, aber verständlich. „Sie haben die ganze Zeit nur heiße Luft abgesondert“, so Ferdinand Schmidpeter in Richtung Marianne Strobl und handelte sich, wie schon sein Kollege Böck, eine Rüge des Rathauschefs ein. Dieser jedoch rief im gleichen Atemzug die SPD-Räte zur Raison. Sie hatte zuvor behauptet, von der Verwaltung mit ihren Anliegen bezüglich der Arbeitsmöglichkeiten von Asylbewerbern nicht ernst genommen zu werden. „Das verbitte ich mir“, so Machold und verwies darauf, dass im Bauhof schon seit längerer Zeit Asylbewerber arbeiten und einer davon nun auch eine feste Stelle bekommen hat. Vor diesem Hintergrund dann auch noch auf eine Besichtigungsfahrt zu gehen, das war dann des Guten doch zu viel. „Dann machen wir das halt alleine“ so Werner Hammerschmid.

Das war der Schlussakkord unter einer der wohl „denkwürdigsten“ Gemeinderatssitzungen. Dabei trat die Sachdiskussion komplett in den Hintergrund und es ging, wie schon so viele Male zuvor, um die politische Selbstdarstellung. Eine Weiterentwicklung von Wolnzach im positiven Sinne sieht anders aus. Die Beantwortung einer Frage zu fordern, ohne diese gestellt zu haben, ist letztlich das unrühmliche Ende dieser Sitzung. Dass in diesem Zusammenhang in der kommenden Sitzung wieder über den damals schon gemeinsam von Karl Straub und Adi Schapfl eingebrachten Antrag (Begrenzung der Sitzungszeit) diskutiert wird, war abzusehen. Stellt sich am Ende nur noch die Frage, ob in diesem Rahmen nicht auch über die Einführung von gelben oder roten Karten gesprochen werden sollte.
 

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