Flüchtlingshilfe durch Wohnraum
(Manching, rt)
Der Saal im Manchinger Hof war gut gefüllt mit Bürgern, die sich aus erster Hand über Asylfragen im Landkreis informieren wollten.
Akut helfen könnten viele Bürger des Landkreises, wenn sie nur Wohnraum für anerkannte Asylanten zur Verfügung stellen würden. Dies und weitere Themen wurden gestern in einer weiteren von insgesamt fünf über den Pfaffenhofener Landkreis verteilten Bürgerversammlungen zu Asylfragen erörtert. Im Markt Manching ist Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf (CSU) auf breites Interesse bei den Bürgern gestoßen. Dabei herrschte eine sachliche, Atmosphäre, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass von allen Beteiligten viele Informationen vermittelt werden konnten.
Das kompetent besetzte Podium, wo neben dem Landrat und Manchings Bürgermeister Herbert Nerb (FW) auch eine Caritas-Betreuerin und die jeweils zuständigen Landratsamts-Abteilungsleiter saßen, ließen am gestrigen Mittwochabend keine der aufgekommenen Fragen offen. Nach Geisenfeld und Wolnzach war dies nun die dritte Bürgerversammlung dieser Art. Unvermeidlich ist es, dass sich damit auch viele Fragen wiederholen.
Wir seien an einer Phase der großen Politik angekommen, wo sich die Republik, die Gesellschaft in zwei Lager spalteten, eröffnete Wolf den Dialog. Die einen sagten „es geht“, die anderen „es ist genug“. Mitunter werde der Ton dabei verrohter. Dass es mit der Kaserne in Manching eine Sondersituation gebe, das räumte Wolf ein und sagte zugleich: „Wir können nicht die gesamte Unterbringungssituation (im Landkreis) in Manching lösen.“ Derzeit lebten 350 anstatt wie ursprünglich geplant 500 Menschen aus dem Balkan dort. Die Zuwanderung aus diesen Staaten habe deutlich abgenommen, war die Erklärung dafür. Wolf machte aber gleichzeitig deutlich, dass er die noch vorhandenen Kapazitäten der ehemaligen Militäreinrichtung nutzen wolle: Bevor wir Turnhallen beziehen, gehen wir in die Kaserne!“ Die „hochwertigen Mannschaftsräume können wir nicht leer stehen lassen“, sagte Wolf. Deshalb werbe er bei den Manchingern um ihr Verständnis. Andererseits wolle er als Landrat „eine ausgewogene Situation“ im Landkreis. An anderer Stelle sagte Wolf, dass der Landkreis in Verbindung mit Herstellern von Wohncontainern getreten sei. Wenn keine der versuchten Lösungen greife bleibe am Ende nur die Belegung von Turnhallen.
Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf erntete auf der Bürgerversammlung in Manching Applaus für seinen offenen Umgang mit der Asylproblematik im Landkreis.
Integration sei bei einer derart starken und schnellen Zuwanderung kaum möglich. Doch könnten viele, die sich für Flüchtlinge einsetzen wollten, Wohnraum zur Verfügung stellen. Damit sprach der Landrat ein heikles Thema an, das in den kommenden Monaten immer dringlicher werden wird. Von den bislang 120 Flüchtlingen mit Bleibestatus hätten nur die Hälfte eine Wohnung gefunden; der Rest belege die Unterkünfte, die eigentlich für Asylbewerber vorgesehen seien. Der Appell des Landrats ging deutlich in Richtung jener Wohnungs- und Hauseigentümer, die beispielsweise ein Zimmer oder gar ein ganzes Hausgeschoss an Flüchtlinge vermieten könnten, dies aber bislang aus unterschiedlichen Gründen nicht tun. Unbestreitbar gibt es davon im Landkreis bekanntlich ja eine schier grenzenlose Menge an freiem Wohnraum solcher Art.
2016 sind 1,5 Millionen Euro fällig
Der Notfallplan für 2016 sehe zwar vor, dass auch die Gemeinden oder das Landratsamt selbst Häuser bauten, doch sei jetzt schon abzusehen, dass dies zu langsam gehe. Auch um Gebäude in Modulbauweise zu erstellen bräuchte man mehr Zeit. Nerb forderte von einigen seiner Bürgermeisterkollegen endlich zu bauen: „Ein paar müssen Gas geben“. Ein weiteres Problem sieht der Landrat im Analphabetentum: „Mit 30 bis 40 Prozent ist das eine große Gruppe“, die könne man nicht integrieren. Trotz allem hat der Landkreis seine Finanzen offenbar noch im Griff, wie die Antwort Wolfs auf die Frage eines besorgten Diskussionsteilnehmers zeigte: Viele Ausgaben trüge der Freistaat Bayern, lediglich die Personalkosten zahle das Landratsamt zu 100 Prozent. Bei einem Gesamthaushaltsvolumen mit 108 Millionen Euro seien bei den für das kommende Jahr 2.400 prognostizierten Asylbewerbern im Landkreis für 27 Mitarbeiter 1,5 Millionen Euro zu veranschlagen. Die Verschuldung des Kreises sei mit sieben Millionen Euro gering, sie könnte auf acht bis neun Millionen Euro steigen. „Das können wir uns die nächsten Jahre noch leisten“, meinte Wolf.
Das Podium war mit kompetenten Entscheidungsträgern besetzt.
Droht die Zwangsenteignung?
Die Rede sei von vielen nicht registrierten Flüchtlingen, bis zu 400.000 könnten es sein, Genaues wisse jedoch niemand, so Straub auf die konkrete Nachfrage eines Zuhörers. Ein weiterer Fragesteller äußerte die Befürchtung, dass bei einem anhaltenden Zustrom der Flüchtlinge Zwangseinweisungen wie nach dem Zweiten Weltkrieg in Privatwohnungen notwendig würden. Diese Sorge räumte Straub mit der Bemerkung aus, dass es dies in Bayern mit Innenminister Herrmann und Ministerpräsident Seehofer nicht geben werde. „Ich rechne im Winter nicht mit einer Zuwanderungsgrenze - später, ja“, sagte der Abgeordnete.
Parteikonform betonte er, dass sich die CSU für eine Obergrenze ausspreche. Seine ganze Hoffnung, das war deutlich zu hören, setzt der christsoziale Abgeordnete in die Koalitionsgespräche am heutigen Donnerstag, wonach im Ergebnis herauskommen könnte, dass der Staat den Migrantenzustrom reguliert und damit nicht tolerieren, dass weiterhin Tausende Flüchtlinge unregistriert die Grenze passieren.
Nerb wies darauf hin, dass Manching mit seinen 130 Asylbewerbern, die mit Ausnahme von 16 Personen in Forstwiesen alle in der Max-Immelmann-Kaserne untergebracht seien, keine Probleme habe; auch von polizeilicher Seite war dies später zu hören. Langfristig, das heißt für die von der Regierung von Oberbayern vereinbarte Belegungszeit der Kaserne von zehn Jahren, sei ihm als Bürgermeister des Marktes eine Erstaufnahmeeinrichtung lieber. Den Hintergrund erklärte Wolf mit der dann weniger belastenden Situation für die Gemeinde, da dann etwa der Schulbesuch von Kindern entfiele.
Weitere Bürgerversammlungen finden am 09. November in der Reichertshausener Ilmtalhalle, Paindorfer Straße 10, und am 12. November in Baar-Ebenhausen im dortigen Sportheim, Am Sportplatz 1, statt. Eine Anmeldung dazu ist nicht erforderlich.
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