Bauernpräsident Heidl: Biber auf die Speisenkarte
(Geisenfeld, rt)Besichtigten Biberschäden im Feilenmoos (v.l.): Martin Braun, Vizevorsitzender der Jägervereinigung Pfaffenhofen, Anton Kreitmair Präsident des BBV-Oberbayern, Umweltministerin Ulrike Scharf, BBV-Kreisobmann Max Weichenrieder und Bauernpräsident Walter Heidl.
Eine stetig wachsende Biberpopulation in ganz Bayern sorgt zunehmend für Probleme - auch im Landkreis Pfaffenhofen. Der Bayerische Bauernverband (BBV) hat am vergangenen Donnerstag Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) zu einen Schadenbesichtigung ins Feilenmoos eingeladen. Eine mehr oder weniger befriedigende Lösung für die Landwirte könnte sich nun abzeichnen.
Innerhalb von vier Jahrzehnten ist der Biberbestand bayernweit von etwa 120 auf mittlerweile weit über 20.000 Tieren so stark angewachsen, dass es mit Kommunen und Landnutzern immer mehr Konflikte durch Biberschäden gibt, verlautet aus dem BBV Ein Bild davon machte sich Scharf im Feilenmoos gemeinsam mit Bauernpräsident Walter Heidl und dem BBV-Kreisobmann des Landkreises Pfaffenhofen, Max Weichenrieder. „In die Population muss man stärker eingreifen“, sagte Heidl während der Exkursion, die an einem Bachlauf entlang auch an einen mit Mais angestauten Biberdamm führte. Der Biber hinterlasse Fraßschäden nicht nur in Mais- sondern auch in Getreidebeständen, er sorge für überschwemmte Acker- und Wiesenflächen, Schlepper brächen seinetwegen ein, weil Wiesen, Äcker und Wege von ihm unterhöhlt werden. Allein im vergangenen Jahr 2014 wurden über 700.000 Euro an Schäden in der bayerischen Land-, Forst- und Teichwirtschaft von den Naturschutzbehörden bestätigt. In die Summe nicht eingerechnet sind die von den Kommunen zu tragenden Kosten, etwa im Wegebau. Darauf wies Manchings Bürgermeister Herbert Nerb (FW) hin. Seine Bauhofmitarbeiter seien wegen der Biberschäden häufig beschäftigt. In die gleiche Kerbe schlug Geisenfelds Bürgermeister Christian Staudter (USB), wonach die Tiere „enorme Kosten“ verursachen würden.
Bauernpräsident Heidl sieht Biber lieber auf der Speisenkarte.
„Wir wünschen uns eine konsequente Umsetzung des Manangements“, sagte Heidl. Es gebe Möglichkeiten über die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung bestimmte Gebiete als problematisch zu definieren, dort könne der Biber ohne Einzelgenehmigung „entnommen“ werden, in Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebieten (wie es das Feilenmoos ist) müsse man aber ebenfalls „ran“. Heidl könne sich vorstellen, dass dazu auch das Jagdrecht geändert werden könnte. „Wir haben in Europa Staaten wo der Biber ganz normales jagdbares Wild ist.“ Fachlich infrage stellen könne man mittlerweile die Schutzwürdigkeit des Tieres.
Wir wollen ihn ja nicht ausrotten
„Wir wollen ihn ja nicht ausrotten, wir wollen ein vernünftiges Management und da gehört aus meiner Sicht die ganz normale Bejagung dazu.“ Die rechtlichen Möglichkeiten zur Entnahme, so mutmaßte Heidl, würden je nach Region oftmals nicht ausreichend genutzt. Entnahme ist übrigens eine eher verharmlosende Umschreibung von Tötung, da entgegen früherer Gepflogenheiten heute kein Biber europaweit andernorts mehr ausgesetzt wird, da dort überall ausrechende Bestände vorhanden sind. Zwar gebe es eine bei 60 Prozent gedeckelte Schadenregulierung über einen Fonds, so Heidl. „ Zu entschädigen ist das eine, ich muss an die Ursachen ran und das ist ganz konkret: Entnahme.“ Um betroffene Grundeigentümer und Landwirte nicht mit den Schäden alleine zu lassen, plädiert Heidl für eine Aufstockung des derzeit regelmäßig überzeichneten Biberfonds. Der Bauernpräsident weist auch darauf hin, dass etwa Vertragsnaturschutzflächen nicht gemäß den Vorgaben gemäht werden könnten, weil sie zu nass oder unterhöhlt seien; dies könne in der Folge beispielsweise den Lebensraum anderer geschützter Arten, wie Brachvogel oder Kiebitz gefährden.
Biber auf die Speisenkarte
Letztlich müsse auch über eine Lockerung des Vermarktungsverbotes nachgedacht werden. „Dies würde dem Leitsatz der Bayerischen Biodiversitätsstrategie, nämlich Schützen durch Nützen, entsprechen.“ Überdies stellte Heidl die rhetorische Frage, warum denn der Biber nicht auf der Speisenkarte stehen könne. Weichenrieder monierte gegenüber der Umweltministerin, dass die Wasser- und Bodenverbände keinen Ausgleichsanspruch hätten, was seiner Meinung nach nicht gerechtfertigt sei. Landrat Martin Wolf (CSU) erklärte, dass sich die Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts seit Jahren mit dem Biber herumplagten: „Die Situation, wie wir sie jetzt haben, ist aus juristischen Gründen nicht zu managen."
Umweltministerin Scharf will Biber lieber streicheln.
Scharf erklärte, dass das seit zehn Jahren bestehende Bibermangement mit Beratung, Prävention, Schadenausgleich „aber auch Entnahme dort wo notwendig“ gelebt werden könne. Die Landratsämter gingen jedoch im Vollzug nicht immer ganz gleichmäßig voran. Die Umweltministerin sprach von einer Population in Höhe von 17.000 Tieren von denen im vorigen Jahr 1.300 entnommen worden seien. 450.000 Euro habe es an Ausgleichszahlungen gegeben. „Natürlich kann ein umfassender Schadenersatzanspruch nicht stattfinden, das würde aus Haushaltsrecht nicht hergeben.“ Die Umweltministerin wolle allerdings prüfen, ob der Schadenfonds aufgestockt werden kann. Scharf bekräftigte, dass sie versuchen wolle, den Spagat hinzubekommen mit wirtschaftlichen Interessen auf der einen, den Artenschutz auf der anderen Seite. In ihrer offensiven Erklärung, dass sie bei nächster Gelegenheit „wieder einen Biber streicheln“ werde, deutete wohl eine gewisse Sympathie für den vielgescholtenen Nager an.
Aus dem Umweltministerium war auch Lorenz Sanktjohanser, der Leiter des dortigen Referats Naturschutzrecht, mit dabei. Der Forderung nach Änderung des Biber-Schutzstatus erteilte er eine Absage. „Das ist ein mühevoller Weg, den man nicht abwarten kann“. Andere Bundesländer hätten sich daran schon versucht und scheiterten. Beim Biberproblem gebe es eben keine Patentlösung. Auch der vielfach geäußerte Wunsch nach Aufnahme ins Jagdrecht sei in der Umsetzung schwierig. Einerseits würde es dann die Verpflichtung zur Hege geben, andererseits müsste der Wildschadenausgleich geregelt werden. Doch es gebe schon jetzt einen durchaus ausreichenden rechtlichen Spielraum, der selbst die Entnahme des Tieres in FFH-Gebieten ermögliche, stellte der Fachmann klar. Es müssten innerhalb des Bibermanagements nur alle Wege tatsächlich auch beschritten werden.
Dieser Fahrweg brach ein, nachdem ein Traktor über eine Biberröhre fuhr.
Biber haben sich aus Mais zwischen den Feldern einen Damm gebaut.
Gemeinsame Besichtigung von Biberschäden im Feilenmoos.
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