Vom ersten Stich bis zum Viktualienmarkt
(Agelsberg, hr)Warum kostet ein Kilo Spargel eigentlich so viel? Eine Frage, die auch den Münchner Pfarrer Reiner Schießler umtrieb. In Agelsberg ging der Geistliche dieser Frage auf den Grund. „Viel Handarbeit“, so sein Fazit nach einem Tag auf dem Feld.
„Du bist der Weinstock wir sind die Reben“, ein bekanntes Gleichnis aus dem Neuen Testament. Für den Münchner aber auch Anlass, sich diese einmal ganz genau anzuschauen und mitzuhelfen. „Ich möchte es auch erleben“, erklärt Pfarrer Reiner Schießler, der dieses Mal nicht auf den Spuren des Weines, sondern des Spargels wandelte. „17 Euro für ein Kilo in München am Viktualienmarkt sind keine Seltenheit für das weiße Gemüse.“ Dabei wird natürlich auch über den Preis diskutiert.
Eine Diskussion, die man nur dann führen kann, wenn man einmal bei der Spargelernte dabei war, das zumindest dachte sich der Geistliche. So zog es ihn in die Hallertau, genauer gesagt, nach Agelsberg auf den Hof von Josef und Michaela Fuchs. „Man kann nicht mitreden, wenn man es nicht einmal selbst ausprobiert hat“, erklärt Schießler und tauschte für einen Tag Sutane gegen Gummistiefel und Arbeitshose. Bewaffnet mit einem Stecheisen und einem Korb, ging es aufs Feld. „Es ist alles Handarbeit und für einen alleine nicht zu bewerkstelligen“, erklärt Josef Fuchs. Während der Erntezeit beschäftigt der Landwirt mehrere Saisonarbeiter, denn jede Reihe muss jeden Tag abgegangen werden. Eine Arbeit, die auch bei Wind und Wetter gemacht werden muss.
„Es ist schon eine körperlich anstrengende Arbeit“ so das Fazit von Pfarrer Reiner Schießler, doch für den Münchner eine Erfahrung, die er nicht missen möchte. „Schon als Kind habe ich bei Verwandten im bayerischen Wald auf dem Bauernhof gearbeitet“, fügt er weiter an. Aber jetzt als Pfarrer? Für ihn etwas ganz Normales. „Man muss es selbst gemacht haben, um mitreden zu können.“ Ein Satz, für den er in der Vergangenheit oft auch belächelt worden ist, vor allem, als er seit 2006 als „Bedienung“ am Oktoberfest arbeitet. „Ein Pfarrer, der Maßkrüge trägt“, eine Reaktion, die er damals häufig bekommen hat, doch die Zeiten haben sich geändert. „Papst Franziskus hat hier einiges bewegt“, erklärt Pfarrer Schießler. „Ihr müsst an die Ränder gehen“, so das Credo des Heiligen Vaters.
Ein Satz, der für den Münchner schon lange Programm ist. Gemeinsam mit den Saisonarbeitern ging er aufs Feld zum Spragelstechen und war erst einmal Lehrling. Josef Fuchs zeigte ihm, wie das weiße Gemüse geerntet wird. Schnell aber reichte dieser das Stecheisen weiter und der Münchner Pfarrer durfte selbst ran. „Man braucht schon einige Erfahrung und einen geschulten Blick“, erklärt der Landwirt.
Doch alleine damit ist es natürlich nicht getan. Bevor der Spargel auf den Teller kommt, muss er erst noch gewaschen und entsprechend der Klasse sortiert werden und auch das ist Handarbeit. „Vormittags auf dem Feld und nachmittags den Spargel waschen und sortieren, so ist man den ganzen Tag beschäftigt“, erklärt Michaela Fuchs. „Es ist eine Manufaktur“, so das Fazit des Münchner Pfarrers, der sich am Ende eines langen Tages natürlich auf den selbstgeernteten Spargel freute. „ Für uns war nicht nur es eine besondere Ehre, sondern auch wichtig, einfach um zu zeigen, wie arbeitsintensiv die Ernte ist“, erklärte Josef Fuchs. „Es ist wichtig, die Sorgen und Nöte der Menschen zu kennen“, so Schießler, der in diesem Zusammenhang auch erwähnte, dass es eben nicht selbstverständlich ist, jeden Tag einen gut gefüllten Teller zu haben. „Viele Menschen müssen dafür hart arbeiten.“
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