Unternehmertag-Unternehmensnachfolge
(Scheyern, wk)
Gut 125.000 Familien-Unternehmen in Deutschland stehen in den Jahren 2014-2018 vor der Nachfolge-Frage und das Thema brennt „unter den Nägeln“, weil der Übergang auf einen Nachfolger zu wenig Beachtung bei den Unternehmen findet und meist zu spät gehandelt wird. In Bayern sind gut 90 Prozent der Unternehmen altersbedingt von diesem Problem betroffen und nur 15 Prozent holen sich kompetenten Rat.
Das war Grund für das Kommunalunternehmen Strukturentwicklung (KUS) und den Wirtschaftsbeirat des Landkreises, sich mit diesem Thema auf dem Unternehmertag 2014 im neu renovierten Wittelsbacher Saal des Klosters Scheyern zu befassen. Dazu hatten die Veranstalter, zusammen mit dem Verband der Bayrischen Wirtschaft, kompetente und auch betroffene Unternehmer als Referenten eingeladen, die sich nach den Referaten später in einem Podiumsgespräch mit anderen Teilnehmern zu diesem Thema unterhielten.
Bernd Huber als Vorsitzender des Wirtschaftsbeirates begrüßte die knapp 350 erschienenen Gäste, dankte allen Unterstützern und Sponsoren der Veranstaltung und führte in einem Kurzreferat in das Thema ein. Bei den vielen Familienunternehmen, vom Handwerksbetrieb bis zum Großunternehmen ist die Quote der gelungenen Stabsübergaben an Nachfolger sehr, sehr gering, viele Unternehmer täten sich schwer, sich von ihrem Lebenswerk zu trennen und an einen Nachfolger zu übergeben. Da der Übergangsprozess nicht von heute auf morgen möglich sei, müsste langfristig vorgeplant werden, mindestens 5 bis zu 10 Jahre seien sinnvoll. Außerdem seien viele beratungsresistent. Wenn jemand mit über 70 Jahren beginne, sich um einen Nachfolger zu kümmern sei dies bereits zu spät.
Bernd Huber Scheyerns Bürgermeister Manfred Sterz
Alfred Gaffal als Präsident des Verbandes der bayrischen Wirtschaft (vbw) und Vorsitzender des Aufsichtsrates Wolf/Mainburg ging in seinem Referat intensiver auf die Problematik ein und konnte sich auf Ergebnisse von Umfragen unter Unternehmen berufen. 80 Prozent der erfolgreichen Unternehmensnachfolgen berichteten von Innovationsschüben nach der Übernahme. Wenn sich nur 15 Prozent der betroffenen Unternehmen kompetenten Rat einholen, sei dies meist auf aktuelle Probleme zurückzuführen. Bei Unternehmerpersönlichkeiten spielen bei familiären Unternehmensnachfolgen eher emotionale denn rationale Komponenten eine Rolle, deshalb sei Beratung unbedingt zu empfehlen. Jede 3. Übergabe an Nachfolger erfolge aus gesundheitlichen Gründen früher als geplant, deshalb sollten Unternehmer für den Notfall einen „Notfallkoffer“ haben, in dem die wichtigsten Fragen geregelt sind. Eine Übergabe sollte nach einem gemeinsam festgelegten Unternehmenswert und einer gesicherten Finanzierung erfolgen. Und auch die Steuerpolitik sollte dabei nicht vergessen werden (Erbschaftssteuer).
Gaffal sprach deshalb konkrete Empfehlungen aus: langfristige statt kurzfristiger Übergabeplanung; klare Organisations- und Finanzstrukturen, kein Investitionsstau, Rat einholen, die richtige Übergabeform wählen, keine unnötige Kapitalbelastung durch die Übergabe. Sein Fazit: „Keine Übernahme ohne sich zu übernehmen“.
Alfred Gaffal Angela Inselkammer
Aus Sicht einer Unternehmerin aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe trat Angela Inselkammer mit einem lebendigen und humorvollen Referat an das Rednerpult. Ihre Familie führt einen Gasthof mit Hotel und Brauerei bereits in der 7.Generation und sie schilderte, wie sie mit ihrem Mann und dessen beiden Brüdern die Übergabe mit Erfolg an die nächste Generation gemanagt hat. Die Kinder waren schon frühzeitig in die Unternehmen eingebunden und hatten ihre Ausbildung entsprechend auf eine spätere Übernahme ausgerichtet. Alle wussten von früh auf an, dass jeweils nur einer der vielen Geschwister und Cousins später einmal der Alleinerbe sein wird und die anderen ausgezahlt werden. Durch viele rechtzeitige Gespräche hätten Probleme vorab geklärt werden können und die Unternehmen seien so aufgeteilt worden, dass aus jeder Familie ein Mitglied Nachfolger in einem der Unternehmen wurde. Außerdem führt eine Kapitalverflechtung dazu, dass jeder einen Einblick in die anderen Unternehmen haben könnte.
Das nachfolgende Podiumsgespräch unter Moderation von Elke Christian (IHK Ingolstadt) bestätigte die in den Referaten angesprochenen Punkte. Neben den drei Referenten kamen noch der Ingolstädter Unternehmer Fritz Peters, Unternehmerin Michaela Schenk aus Pfaffenhofen (MAWA), Max Hechinger (Bauunternehmer), Landrat Martin Wolf, Markus Neuner (IHK-Nachfolgeberater) auf das Podium. Fritz Peters konnte von einer erfolgreichen Einbindung seiner Söhne in das Unternehmen und die zukünftige Übernahme berichten, Max Hechinger hingegen hatte sich einen Nachfolger aus seinen Mitarbeiter aufbauen müssen, Alfred Gaffal berichtete von den Übergabevorgängen bei seinem Unternehmen in Mainburg und die anfangs entstandenen Probleme, Markus Neuner informierte über seine Erfahrungen in Beratungsgesprächen, und Michaela Schenk ist dabei, ihre Kinder langsam an die Arbeit im Unternehmen heranzuführen, hat aber noch kein Übergabeproblem.
auf dem Podium (v.r.): Angela Inselkammer, Bernd Huber, Alfred Gaffal. Markus Neuner, Michaela Schenk, Fritz Peters, Max Hechinger, Martin Wolf
Mit einem Appell an die Wirtschaftsvertreter, sich rechtzeitig um die Nachfolge zu kümmern und gerne die vorhandenen Beratungen anzunehmen schloss Landrat Wolf die Veranstaltung und lud zum anschließenden „Netzwerken“ beim Imbiss ein.
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