UNGEHALTEN – wenn Frauen nicht schweigen
UNGEHALTEN – wenn Frauen nicht schweigen
So hätte es durchaus sein können, wenn sie geredet hätten, die Frauen der Zeitgeschichte. Der Konjunktiv drängt sich auf bei der freien Inszenierung des Theaterspielkreises Pfaffenhofen nach der Vorlage von Christine Brückner „Wenn du geredet hättest, Destemona“.
Allein das Plakat, eine optische Provokation, der halbgeöffnete, knallrote Mund einer schönen Frau, notdürftig aber brutal zugenäht mit schwarzem Faden. Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen, was sich Sylvia Ott und Marion Simon da als Stoff auf die Bühne geholt haben, sieht und hört der/die Theaterbesucher/In nicht bei jedem Amateurtheater.
Die Ohrenfüllenden Monologe, teilweise über eine halbe Stunde lang, beanspruchen die komplette Aufmerksamkeit. Die fünf Frauen auf der Bühne (Marion Simon – Zwischenrufer, Monika Fischer – Klytämnestra, Anita Promberger – Maria, Maxi Baumgärtner – Eva Braun, Tini Fuchs – Gudrun Ensslin) liefern eine unglaubliche Konzentrations- und Schauspielleistung. Die Texte sind hochaktuell, egal welcher zeitlichen Epoche die Rednerinnen angehören. Der/Die Zwischenrufer/In zitiert aus einem Lexikon zur Emanzipation von 1834, seien wir ehrlich, viel hat sich nicht geändert, immer noch wird gerne gelächelt, statt zugehört.
Zuhören, verstehen, sehen, nachdenken, die TUN – Wörter überwiegen nicht nur in den Texten. Hier will nicht bespaßt werden, die Aufforderung zum Tanz der Gedanken trifft beide Geschlechter gleichermaßen hart. Leicht könnte der imaginäre Zuhörer außen vor bleiben, zu sehr sprechen die Frauen von sich, ihrem Leid, ihren Fragen, wir werden zum Zeugen degradiert und das ist der Sinn im Theater.
Der allgemeine Wissensstand um die Geschichte der einzelnen Frauen ist hilfreich, doch nicht unbedingt Voraussetzung. Auch mit einer teilhumanistischen Grundausstattung erscheint die Rede an den toten König von Mykene als ein Text, den sich jeder Mann, der nach Ruhm und Macht strebt, unter das Kopfkissen legen sollte. Ob der neue Papst die Ansprache von Maria in der Wüste schon gehört hat, ist nicht überliefert, als Glaubensgrundlage brächte sie jeden Theologen in Bedrängnis. Die Banalität des Wunders vom Endsieg, die haarsträubenden Gedanken einer Eva Braun im Führerbunker, wenn keiner mehr weiter weiß, wird geglaubt. Kein Denkmal für Gudrun Ensslin, die Pfarrerstochter und der Vaterkomplex, die Wände von Stammheim und das Fensterkreuz als Lösung.
Frau/Mann sollte Zeit mitbringen zu dieser grandiosen Vorstellung dieser einmaligen Frauentruppe, hier wird nicht unterhalten, hier wird gehalten. Reden, wären sie gehalten, dem/der Betrachter/Inn, den spielerischen Umgang mit dem täglichen Konjunktiv etwas leichter machen würden.
Also hingehen! TUN SIE WAS !
Weitere Aufführungen: 11., 19., 20., 25. und 26. Juli, jeweils um 20 Uhr im Haus der Begegnung Pfaffenhofen.
Karten zu € 12,-- gibt es bei Schreibwaren Prechter in der Ingolstädter Straße 18, Pfaffenhofen (Tel.: 84004) oder via info@theaterspielkreis.de
http://www.theaterspielkreis.de/Link
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