Dicker Hals bei Apothekenkunden
Einen dicken Hals bekommen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, haben viele Patienten aus dem Landkreis, die sich in der Apotheke spezielle jodhaltige Arzneimittel besorgen wollten. Denn seit Ende November gibt es diese entweder überhaupt nicht mehr oder die Apotheker können nur noch auf Restbestände zurückgreifen.
Michael Z. (Name v.d. Redaktion geändert) benötigt nach der Entfernung eines Schilddrüsenlappens seit Jahrzehnten ein besonderes, jedoch gängiges Medikament, das für den ersatzweisen Aufbau von Schilddrüsenhormonen in der Schilddrüse sorgt. Nimmt er diese Tabletten nicht ein, kommt es zur Vergrößerung der ihm verbliebenen Schilddrüse und in der Folge zu einer Störung des gesamten Stoffwechsels - er bekommt einen dicken Hals.
Der regelmäßige Gang zur Apotheke, in dem er das diesem Zustand vorbeugende Medikament bekommt, ist daher notwendig. Doch seit nunmehr schon mehreren Wochen zuckt man in den Apotheken mit der Schulter: "Wir haben von den Herstellern und Zwischenhändlern diese Präparate nicht bekommen, es gibt sie derzeit nicht mehr auf dem Markt", heißt es dort.
Dies bestätigt auch Apotheker Michael Feistner, Sprecher im Landkreis Pfaffenhofen für die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK): "Wir haben von unseren Zwischenhändlern aber auch direkt vom Hersteller seit Ende November keine dieser Präparate mehr bekommen." Doch es werde für die kommende Woche wieder mit Lieferungen gerechnet. Wie viel Einheiten dann etwa im Landkreis Pfaffenhofen landen, das weiß freilich gegenwärtig niemand genau zu sagen.
Den Grund für den Lieferstopp kennt auch Feistner nicht. "Wir Apotheker bekommen da leider keine Auskunft." An bereits kursierenden Spekulationen, etwa der Vermutung, dass Jod nach dem Reaktorunglück in Fukushima in besonders großem Umfang benötigt und daher auf dem Weltmarkt entsprechend aufgekauft werde, daran will er sich nicht beteiligen.
Einer der Hersteller von jodhaltigen Arzneimitteln, die Holzkirchener Hexal AG, führt die Probleme zurück auf Produktiosengpässe anderer großer Hersteller. Diese hätten sich wiederum auf die Nachfrage und damit die Vorräte des oberbayerischen Unternehmens ausgewirkt und so sei man auch dort mit der Produktion nicht mehr nachgekommen. Das alles rühre auch von der Tatsache her, so Unternehmenssprecher Hermann Hofmann, dass es vergleichsweise wenige Hersteller bestimmter jodhaltiger Arzneimittel gäbe.
Auch Gangolf Schrimpf vom Darmstädter Pharmaunternehmens Merck bestätigt den gegenwärtigen Mangel, doch führt er noch einen weiteren Aspekt an: "Der vorübergehende Lieferengpass war einerseits bedingt durch unerwartete technische Probleme und andererseits durch eine stark erhöhte Nachfrage nach Schilddrüsenhormonen." Eine Produktionserweiterung mache möglich, dass das entsprechende Medikament dieser Tage wieder erhältlich sein werde. Warum Schilddrüsenhormone plötzlich so stark nachgefragt werden, dafür gibt es allerdings bislang keine Erklärung.
Wenn es um die Gesundheit des Einzelnen geht, wird auch schnell der Ruf nach staatlicher Hilfe laut. Doch Claudia Schuller vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit winkt ab: "Der Staat hat hier keinerlei Einfluss, das ist Sache der Versorger, sprich Hersteller der Arzneimittel." Die Apotheker schlössen eigenständig Verträge mit den unterschiedlichen Lieferanten oder Herstellern ab und damit sollten sie sich auch auf entsprechende Lieferfristen verlassen können.
Das bedeutet im akuten Fall, das Telefonbuch auch landkreisübergreifend zu wälzen auf der Suche nach einer Apotheke, die noch Restbestände des benötigten Medikaments im Tablettenschub hat.
BLAK-Sprecher Feistner rät Patienten, sich in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt eine kleine Medikamenten-Reserve zur Überbrückung von Mangelzeiten anzulegen und nicht sich nicht erst dann ihr Rezept zu holen, wenn bereits die letzte Tablette aus dem Blister gedrückt wurde.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen.