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Unterwegs mit dem Bürgerbus

(Wolnzach, von Harald Regler)

Unsere Mobilität ist ganz klar auf dem Individualverkehr aufgebaut – das zeigen die Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg. Alleine im Februar 2018 gab es 298.267 Neuzulassungen, ein Plus von 6,9 Prozent gegenüber dem Vormonat. Es ist eine Zahl, die verdeutlicht, wie sehr auf das eigene Auto gesetzt wird. Dies gilt besonders für eine zersiedelte Region wie die Hallertau.

Das Auto: Fluch und Segen zugleich

Ein Auto bedeutet erst einmal viel individuelle Freiheit. Was aber machen Menschen, die nicht mehr fahren können? Um dieser Frage einmal auf den Grund zu gehen, hab ich mich mit Karl Leberzam verabredet. Gemeinsam mit Ludwig Federhofer organsiert er in Wolnzach einen Bürgerbus. Zweimal pro Woche fahren sie quer durch alle Ortsteile, bringen Menschen zum Einkaufen oder zum Arzt.
„Ich würde sonst eine Stunde brauchen, bis ich im Zentrum wäre“, erklärt Fahrgast Wigg. Er ist froh, dass es eine Einrichtung wie den Bürgerbus gibt. „So komme ich zweimal pro Woche zum Einkaufen und bin dabei nicht auf Hilfe angewiesen.“ Es ist der Moment, an dem Zweifel am aktuellen Mobilitätskonzept aufkommen.

In Gebrontshausen steigt die junge Mutter Bahia ein. Ziel: die Supermärkte. Vieles hat sich in den vergangenen Jahrzenten verändert. Kleine Tante-Emma-Läden in Dörfern sind großen zentralen Märkten gewichen. Gleichzeitig hat sich der öffentliche Nahverkehr aus dem ländlichen Raum mehr und mehr zurückgezogen. Zu wenige Fahrgäste!

Gerade für Senioren ist er wichtig

Über zu wenige Fahrgäste kann sich Karl Leberzahm jedoch nicht beschweren. Im Gegenteil: Alleine in den ersten drei Monaten diesen Jahres nutzten 433 Menschen den Bürgerbus bei zwei gleichbleibenden Touren pro Woche. „Wie kommt man von Oberlauterbach nach Wolnzach?“ ist eine Frage, die erst einmal banal klingt, aber für manche Personengruppen ohne Pkw gar nicht so leicht zu lösen ist. Es ist aber auch eine Frage, die nicht überall in der Gesellschaft angekommen ist. „In Larsbach steigt nie jemand ein“, berichtet Leberzam. Ein im Augenblick zu mobiles Dorf – aber wie lange noch?
Auf dem Rückweg wird deutlich, was die ehrenamtlichen Fahrer leisten. Bepackt mit zahlreichen Tüten bepackt stehen Bahia und Wigg an der Haltestelle. Schnell sind die Einkäufe im Kofferraum des Neunsitzers verstaut. „Viele fahren genau aus diesem Grund – den wöchentlichen Einkäufen – regelmäßig mit“, erklärt Leberzam. Dass auf dem Rückweg nicht an der Haltestelle, sondern direkt vor der Haustür gehalten wird, ist für ihn dabei selbstverständlich.

Es ist eine Gegenbewegung zum allgemeinen gesellschaftlichen Trend, bei dem Ehrenamtliche versuchen, ein öffentliches Verkehrsnetz zu schaffen. Doch wenn man es genau betrachtet, ist es so viel mehr: Menschen, die sonst kaum eine Chance hätten, am gesellschaftlichen Leben eigenverantwortlich teilzunehmen, wird diese Möglichkeit zurückgegeben. Ein kleiner, aber unglaublich wertvoller Gegenpol zum oft wenig ökonomischen Individualverkehr.
 

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