Ermeiers kulturelle Zeitmaschine
(Wolnzach, ls)In die ganze Welt hat es ihn verschlagen. USA, Griechenland, Südafrika – überall hat man Ritsch Ermeier schon mit seinem Akkordeon bewundert. Das Herz des Globetrotters schlägt trotzdem für die Hallertau. Es ist ein echtes „Hopfenherz“, das er den Zuschauern bei seiner musikalischen Lesung am „Hopfazupfa-Diensdog“ offen legte, und das „gsagt und gsunga“. Wie sollte es bei ihm auch anders sein?
Es war eine Reise in die Vergangenheit des größten, zusammenhängenden Hopfenanbaugebietes der Welt. Voller Stolz präsentiert sich der gemeine Holledauer heute noch, wenn es um das reiche kulturelle Erbe der Hopfendynastien geht. Doch das war nicht immer so. Vor einigen hundert Jahren noch als Gsindl und Pferdedieb verschrien, hat er einen recht weiten Weg hinter sich. Diesen wusste Ermeier wie immer gekonnt humoristisch zu verpacken.
Dass der gemeine Holladauer auch ein Mischwerk aus ganz verschiedenen Kulturen ist, bewies Ermeiers Ausflug in die Hopfazupfazeit. „Bis zu 200 Arbeiter schliefen auf so einem Heuboden“, so der passionierte Musiker. Über die Implikationen dieser Unterbringung braucht es, wenn man Ritsch Ermeier so lauscht, gar nicht allzu viel Fantasie. In der Kulisse des deutschen Hopfenmuseums, den Herkules im Hintergrund gen Himmel rankend und die hölzernen Statuen der Hopfazupfa in der Gesellschaft, ließ Ermeier nicht nur Klassiker, wie das „Holladauer Liad“ erklingen. Auch ein Zwiefacher oder Auszüge aus dem Singspiel „Holledauer Fidel“ durften es sein.
Holledauer Tracht, Holledauer Bier, Holledauer Musik und die Holledauer Hopfazupfa Schlacht von 1955 – dem kurzweiligen Dienstagabend Intermezzo fehlte es nicht an Themen. Wie hoch es bei letzterer herging, bewies Ermeier bei einer amüsanten Anekdote über den Hopfazupfa Brandner und die Luise aus Straubing. Und versinkt man als Zuhörer in Ermeiers Erzählungen wird immer klarer, welchem Schwund auch die Kultur des Hopfazupfas unterliegt. 1953 waren es noch über 100 000 Erntehelfer, die jährlich in die Hallertau pilgerten. Heute kommt ein Pflanzer mit einer handvoll Angestellten aus, anstatt in die grünen Hopfengärten pilgern die Menschen heute in Fabrikhallen. Umso schöner ist es, dass der Auer Musikant und Autor diese bewegte Zeit für die Nachwelt festhält, und bei Lesungen wieder auferstehen lässt.
Wer nun auch in Ritsch Ermeiers Zeitmaschine steigen möchte, der hat übrigens nach wie vor die Möglichkeit dazu. Am 29. August und am 5.September 2017 um 18 Uhr lädt er wieder für eine Stunde in das deutsche Hopfenmuseum ein, und stimmt mit seinem Publikum zusammen wieder ein kräftiges „Mir san Holladauer“ an.
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