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Hohl aber fit

(Pfaffenhofen, hal/rt)

Foto: Stadtwerke Pfaffenhofen

 

Nur noch sein Kopf schaut raus, wenn Tobias Dapfer in den hohlen Stamm einer etwa 350 Jahre alten Eiche steigt, die am Fuß der Pfaffenhofener Radlhöfe steht. Zusammen mit seinem Kollegen Sascha Jillich testet der Baumexperte regelmäßig, ob das Naturdenkmal noch sicher steht. Schließlich verläuft direkt neben dem Standort die viel befahrene Scheyerer Straße – und der Stamm des Baum-Veteranen ist innen hohl, bis zum Boden, also vier Meter tief.

Vermutlich seit 200 Jahren zersetzt ein Pilz ganz langsam sein Holz von innen heraus. Gleichzeitig aber wächst der Stamm außen immer weiter und sichert so die Stabilität des insgesamt 20 Meter hohen Riesen mit fünf Metern Umfang. Im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde am hiesigen Landratsamt haben die Stadtwerke Pfaffenhofen kürzlich zusammen mit dem Spezialunternehmen Brudi aus Gauting einen Test zur Verkehrssicherheit durchgeführt. Dabei wird ein starkes Seil an dem Baum befestigt, dann zieht eine Winde auf einem Einsatzfahrzeug ganz langsam und sachte an. Die Baumfachleute erkennen dann, wie weit der Baum nachgibt. Denn an den entscheidenden Stellen des Baumveteranen sind Messvorrichtungen befestigt, deren Daten mit einem Computer ausgewertet werden. Die ersten Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es dem Naturdenkmal gut geht und es noch weitere 100 Jahre stehen bleiben kann.

Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, würde man den Baum nicht sofort fällen. Ein maßvoller Rückschnitt – das ist der richtige Umgang mit einem solch wertvollen Biotop. „Im Stadtgebiet gibt es gerade mal zehn Bäume, die dieses biblische Alter erreicht haben. Jeder einzelne dieser Bäume ist Lebensraum für hunderte Tierarten,“ erklärt Mario Dietrich, Leiter der Abteilung Grünanlagen bei den Stadtwerken. Deshalb lassen die Experten im Ernstfall dann auch noch den Torso eines alten Baumes stehen, also den hohlen Stamm ohne Äste und Krone. Während der dann im Laufe der Zeit nach und nach zerfällt, bietet er noch weitere zehn Jahre Lebensraum für viele Tierarten, die mitunter vom Aussterben bedroht sind. „Doch dem Klimawandel und der Nachverdichtung in den Städten fallen immer mehr Baumveteranen zum Opfer. Das ist ein echtes Problem!“ Dietrich erklärt weiter, dass seltene Tiere wie der Eremit oder der Hirschkäfer nur begrenzte Distanzen überwinden können.

Wenn ein Baum weg muss und das nächste als Lebensraum in Frage kommende Exemplar zu weit entfernt ist, sterben auch die bedrohten Tiere aus, die nur in solchen Bäumen überleben können. Deshalb appelliert Mario Dietrich auch an das Verständnis der Bürger: “Wenn ein Baum oder andere Pflanzen zerfallen, ist das für manchen Bürger ein ungewohnter Anblick im Stadtgebiet. Aber hier steht Ökologie vor Ästhetik. Es geht um den Stopp des Artensterbens.“ Das trifft übrigens auch auf Bienenweiden zu, auf denen manchmal Pflanzen vergehen und dabei Insekten und Vögel ernähren.
 

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