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Ein Feuerwerk an Gedankenblitzen

(Rohrbach, wk)

Mit 32 Jahren ist Kabarettist Till Reiners gar nicht mehr zu jung, um sich noch nicht mit Politik befassen zu können, denn, er könne schließlich schon seit 14 Jahren wählen. Das musste er während seines Vortrages auch einmal loswerden, weil er früher schon einmal dumm gefragt wurde, ob er sich für Politik interessiere.


Außerdem ist er (lt. Wikipedia) Sohn einer Germanistin und eines Berufspolitikers aus Nordrhein-Westfalen – aber das nur als Nebenbemerkung. Till Reiners zündete im Gasthaus Zeidlmaier mit seinem Programm „Auktion Mensch 2017“ ein Feuerwerk an Gedankenblitzen und dass er im Bereich Poetry Slam schon große Erfahrungen gesammelt hat, war seinem Vortrag deutlich anzumerken. Er spielt einfach mit der Sprache und vermeidet platte Witze. Er hatte seine feinsinnigen Gedanken zu einem bunten Teppich gewebt und ging oft nahtlos von einem Gedanken zum anderen über, ohne lange Überleitungen machen zu müssen – alles hörte sich stimmig an. Und er reagiert spontan auf Zurufe aus dem Publikum.

 
So begann er anfangs den Kapitalismus zu loben, auch wenn der nicht gut sei, aber schließlich funktioniere er ja, er schaffe viele neue Arbeitsplätze, viele Überstunden und viele psychischen Krankheiten – da war er denn, der kleine Stachel! Und wer nicht psychisch krank werde, arbeitet nicht, ist halt „ne faule Sau“. Er hatte die Lacher meist an der richtigen Stelle, und wenn nicht, sei sein Humor zwar immer richtig, nur das Publikum sei dann das falsche. Er wolle auf jeden Fall reich werden, sehr reich, mit seinem Protzauto einen Porschefahrer anfahren, ihm ein Geldbündel ins Gesicht werfen und sagen: „Kauf Dir einen Neuen, aber jetzt tanz für mich!“ Dass Michael Schumacher seit seinem Unfall klimatechnisch seine beste Zeit habe, kam nicht ganz so gut an, aber er konnte die fehlenden Lacher gleich wieder einfangen. Das schönste am Reichsein sei, dass man arme Leute habe, die man zwingen könne etwas zu tun, schließlich bezahle man ja dafür und das sei dann Arbeit. Er kritisiert facebook, weil man sich dort aussuchen könne, wer man sein will und fragt sich, „warum soll ich mich für mich entscheiden?“ Auch Ausländer sind ein Thema: Er sei zwar glücklich, in Deutschland geboren zu sein, doch die Wahrscheinlichkeit dafür sein nur 1 Prozent, aber deshalb könne man an der Grenzen zu Flüchtlingen nicht sagen “Ihr dürft hier nicht rein“. Er nutzte natürlich auch die Doppeldeutigkeit der deutschen Sprache, etwa wenn zwei Drittel seiner Klasse damals im Unterricht bekifft waren, störte es die Lehrer nicht, „denn dann kommt man mit dem Stoff gut durch“. Die neue „Ehe für alle“ sei ein Fehlkonstrukt, denn sie gelte eigentlich nur für diejenigen, die eine/n Partner/in haben, er sei aber Single und deshalb davon enttäuscht. Er konnte auch nicht die vielen Ablehnungen dieser Eheform verstehen, das gehe doch bei den verschiedenen Eissorten auch nicht, wenn man lieber Erdbeereis mag, dürfe man doch nicht gleich andere Sorten wie zum Beispiel Schokolade verbieten. Über diesen Schlenker kam er zur Ausgrenzung von anderen Menschen durch Rechtspopulisten. Die Menschen seien auf der Welt die Klügsten aber auch die Dümmsten, denn sie pendeln zwischen der Relativitätstheorie und Handyschmuck, womit er beim Mord mit der Kuchengabel landete, die dem Mörder den ganzen Kuchen einbringe, er aber nur die Hälfte zu essen schaffe – und schon war er wieder beim Kapitalismus angelangt. Außerdem sei Frieden viel schöner als Krieg, das müsse man den Menschen immer wieder beibringen. Seine vorab geplante Zugabe befasste sich mit Frauen und Männlichkeit, da Frauen heute ein anderes Verständnis von „Männern“ hätten als früher.


Till Reiners kam recht gut beim Zeidlmaier-Publikum an, auch wenn ihm zu wünschen gewesen wäre, dass der hintere Teil des Saales besser besetzt gewesen wäre. Denn mit seiner jugendlich frischen Art die Probleme anzusprechen und das Publikum dabei mitzunehmen, wären ihm mehr Zuhörer zu wünschen gewesen. Doch das soll ihn nicht davon abhalten, wieder zu kommen, denn er hat etwas zu sagen. Und da er deutschlandweit tourt besteht sicher wieder einmal die Chance ihn zwischen zwei Auftritten in Süddeutschland nach Rohrbach zu locken.


 

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