Reisen und Heimweh – Musiker Ritsch Ermeier kann ein Lied davon singen.

Der berühmte Blick über den Tellerrand

(Mainburg, ls)

Reisen und Heimweh – Musiker Ritsch Ermeier kann ein Lied davon singen.

 

Er hat in Seattle an derselben Stelle wie Jimi Hendrix Straßenmusik gespielt, nur auf bayerisch. Ein Taxifahrer brachte ihn in Napoli um 100 DM. Und wenn er sich nicht vollkommen irrt, hat er bereits mit Weltstar Alanis Morissette auf dem Gehweg musiziert. Ritsch Ermeier ist ein Mann mit Hunderten von Geschichten, seine Reisen sind „ein Schatz“. In seine Holledauer Heimat ist er trotzdem immer gerne zurückgekehrt.


Italien, Griechenland, Türkei, Amerika, Kanada, Südafrika – die Liste der Orte, an denen Ritsch seine Fußabdrücke hinterlassen hat, ist lang. Als junger Kerl, barfuß, mit längerem Haar, Lederhosn und seiner Quetschn bewaffnet begann er schon 1988, kurz nach seiner Schulzeit, damit, die Welt zu erkunden. „Wenn du einmal damit anfängst, lässt es dich nicht mehr los“, erklärt er mit einem tiefen, sonoren Bass, dem man stundenlang zuhören möchte.


„Wenn ich die Menschen nur jammern höre und wenn sie immer vor allem Angst haben – da kriag I an Kropf!“


Wenn er könnte, würde er jeden jungen Menschen mit einem Interrail-Ticket durch Europa schicken, so wie er sich selbst damals. Reisen bildet, da ist er sich absolut sicher. So hat Ritsch noch am eigenen Leib erlebt, was Apartheid bedeuten kann. In Südafrika wollte er sich, so wie er es schon an so vielen Orten getan hat, mit Straßenmusik über Wasser halten. Die in der südafrikanischen Gesellschaft damals tief verankerte Segregation machte ihm einen Strich durch die Rechnung. „Für einen Weißen schickte es sich nicht, Straßenmusik zu machen. Das war für die Menschen dort gleichbedeutend mit Betteln“, erzählt er.


Man lernt eben fürs Leben, unter anderem auch, was an der Holledau so anders ist. Der süßlich-bittere Duft während des Hopfazupfas, das satte Grün der sanften Hügel – auch, wenn Ritsch über imposante Bauten in Rom und die gewaltigen Felsen der Rocky Mountains ins Schwärmen gerät, liebt er seine Heimat. „Eine Landschaft wie hier siehst du nie wieder auf der Welt“, mein Ritsch. Wenn einem die Weite Anatoliens schon zu Füßen lag, scheint sein Geburtsort Au in der Hallertau dann aber eben doch eine Nummer zu klein. „Das Kleine ist auf der einen Seite total schön, weil es Sicherheit gibt. Andererseits hat es mich auch immer ein bisschen eingeengt.“


„Dann schlaf ich halt heut Nacht mal unter einer Brücke, is ja koa Problem!“


Diese Enge bezieht der Tausendsassa (Radiomoderator, Hopfazupfa, Kellner, Musiker – Ritsch hat schon viele Leben gelebt) aber nicht unbedingt nur auf die geographische Ausdehnung. „Wenn ich die Menschen nur jammern höre und wenn sie immer vor allem Angst haben – da kriag I an Kropf“, schimpft er, nicht ohne ein Augenzwinkern. Denn zumindest eine Sache hat er in seinen Nächten unter Brücken in Seattle und auf Campingplätzen in Italien abgelegt: Die Angst vor dem Fremden. „Manchmal muss man den Arsch hochkriegen und sich dem Fremden stellen.“ Das Ergebnis: Ein Freundeskreis, der sich über die halbe Welt erstreckt, und ein ganz eigener Kraftort im Kopf.


„Es gibt Momente, da geht’s einem schlecht. Aber dann denk ich an den Strand in Portugal zurück und was ich da so erlebt habe. Dann schmunzele ich, und das Leben ist gleich viel leichter“, lacht Ritsch. Nicht zuletzt deswegen ist der Stolz in seiner Stimme unverkennbar, wenn er von seinem Sohn erzählt. „Der war nach der Schule im asiatischen Raum unterwegs. Als er mir von seinen Plänen erzählt hat, meinte ich nur: Nichts wie raus mit dir!“ Ganz wie der Papa kommt übrigens auch er gerne zurück in die Heimat, wenn er von Zeit zu Zeit den so berühmten Blick über den Tellerrand gewagt hat.
 

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