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I bin da Sepp und I wui di heirat’n!

(Manching, ls)

Tante Klara hatte es faustdick hinter den Ohren. Bruder Hans Wieser will das Grundstück der kürzlich verstorbenen Schwester verkaufen, Nichte Tina hat nur Luft und Liebe im Kopf und Schwägerin Christa muss ihre Bagage bei all diesen Unternehmungen zusammenhalten. Dass Tante Klara ihnen allen ein Schnippchen schlägt, führt zu urkomischen Situationen in einem 80er Jahre Heimatfilmtraum, der nur so vor Enthusiasmus sprüht. Am Wochenende feierte die Manchinger Theaterbühne mit ihrem Stück „Der vererbte Hochzeiter“ Premiere.


Klara ist unter der Erde, aber schon laufen die Dinge wieder ihren Gang. Hemdsärmlich und mit entwaffnend, bodenständigem Charme eröffnet Magd Stase (Julia Kumpf) das Spektakel. Verliebt sein ist in ihren Augen Energieverschwendung, genauso wie Hände waschen. Ganz anders präsentiert sich Tina (Julia Romeo), die Tochter des Wiesenbauern. Bei ausgedehnten Tanzabenden und seitlich gebundenen 80s-Zopf findet sie eine Liebe des Lebens nach der anderen. Es ist ein gar liederlicher Lebenswandel, den nicht nur Papa Hans Wieser (Ralf Buchner), Mama Christa Wieser (Claudia Märkl) und der Pfarrer (Günter Bauer) mehr als kritisch sehen. Kurz vor ihrem Tod beschließt Klara: Das Erbe gibt es nur dann, wenn Tina den Bürstenbinder Sepp (Harald Hierl) heiratet.


Für Tina bricht eine Welt zusammen, hat sie sich doch unsterblich in den Flori (Roland Binder) verliebt. Beeindruckend, wie Darstellerin Julia Romeo ein ums andere Mal vom strahlenden Lächeln zur vollendeten Schnute springt und so Magd Stases bayerischen Pragmatismus reflektiert. Wo sich die eine nicht „wie ein Stück Vieh verschachern“ lassen will, fragt sich die andere: „Warum passiert mir eigentlich sowas nie?“ Wer hätte gedacht, dass sich die drei Akte genauso entwickeln, wie Stase geliebtes Romanheft? Julia Kumpf verlieh ihrer Rolle dabei nicht nur einen einnehmenden Schmäh. Mit ihrer Bühnenpräsenz hatte sie das Premierenpublikum im Handumdrehen im Griff.


Dabei hatte Tante Klara in ihrem Schicksalsspiel eine Redensart wohl nicht im Blick: „Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Denn als der Bürstenbinder Sepp die liebevoll dekorierte Szene betritt, wird klar: Auch in seiner Gedankenwelt dreht sich nicht besonders viel um die Notwendigkeit von Handhygiene und am allerliebsten spürt er den kratzig-muffelnden Stoff seiner Arbeitshosen auf der Haut, dicht gefolgt von Stases weiblichen, nach ehrlicher Bauernarbeit duftenden Kurven. So einfältig, wie sich die zwei geben – so schnell wittern sie auch ihre Chance. Wenn Tante Klaras Hochzeitstraum platzt, dann könnten sich die beiden vom Erbe ein schönes Leben machen.


Doch auch Hans Wieser hat seine berechtigten Interessen in diesem original bayerischen Drei-Akter, der mit seinen Intrigen und Liebschaften nicht selten einer Hommage an die so beliebten amerikanischen Vorabend-Sitcoms gleichkommt. Darsteller Ralf Buchner spielte seine Hauptrolle mit viel Leichtigkeit und wusste am Ende als Geist der geliebten Schwester die Bauchmuskeln seines Publikums ordentlich zu strapazieren. Das Wettrennen um das Kanabe, das er sich mit einem durchwegs überzeugenden Bürstenbinder Sepp liefert, wird zum inoffiziellen Höhepunkt eines kurzweiligen Theater-Abends, bei dem es den Zuschauern mehr als einmal die Tränen in die Augen trieb.


Für einige Irritationen auf der Bühne sorgten dabei auch Nachbar und Großbauer Leo Brunner (Adam Zimmer) und die Weber Kathl (Claudia Jungwirth), die mit ihren persönlichen Geschichten um versteckte Vaterschaften und Kuppelversuchen der Szenerie die notwendige Würze verliehen. Regisseurin Anita Schmid hatte bei der Besetzung der Rollen ganze Arbeit geleistet. Wie die Faust aufs Auge passten sich ihre Schauspieler in die Rollen ein und brachten nicht selten einen regionalen Seitenhieb in ihrer Performance unter.

Hinter der Bühne war am Ende die Erleichterung spürbar. „Ich bin schrecklich stolz“, erzählt Schmid nach getaner Arbeit, und sie durfte es auch sein. Die Manchinger Theaterbühne schaffte mit ihrem „vererbten Hochzeiter“ einen Heimatabend, der zwar etwas unkonventioneller daher kam als andere Bauerntheater, aber im genau richtigen Moment mit dem Klischee kokettierte.
 

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