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Kriminalisiert die CSU Bewohner von Transitzentren?

(Manching / München , rt)

Beinahe täglich greift die Bundespolizei Migranten in aus Italien kommenden Güterzügen auf, die sich in Lkw-Aufliegern verstecken. Foto: Bundespolizei

Der Bayerische Flüchtlingsrat erhebt im Zusammenhang mit dem in Ingolstadt von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) jüngst vorgestellten polizeilichen Einsatzkonzept schwere Vorwürfe gegenüber der CSU und behauptet, dass Flüchtlinge in „Transitlagern“ kriminalisiert würden. Zudem fordert der Rat eine dezentrale Unterbringung und mehr Integrationsbemühungen. Im hiesigen Transitzentrum bleiben die Bewohner jedoch im Durchschnitt nur knapp über vier Monate.

Nachdem in den Aufnahmeeinrichtungen in Ingolstadt und dem Transitzentrum in Manching die Zahl der durch Zuwanderer begangenen Straftaten merkbar gestiegen ist, sorgte Herrmann dort seit diesem November für mehr Einsatzkräfte (Unsere Zeitung berichtete). Der Flüchtlingsrat sagt nun, dass es unerträglich sei, wie sich die CSU zu Lasten der Flüchtlinge als Hardliner profiliere. „Erst schafft man Verhältnisse, die vorhersehbar Konflikte produzieren, dann verspricht man dagegen mehr Polizei.“ Flüchtlinge würden in Bayern zunehmend als Gefahr dargestellt, Flüchtlingsunterkünfte als gefährliche Orte. „Das erlaubt der Polizei mehr Kontrolle, mehr Überwachung, und führt bei Flüchtlingen und Nachbarn zu mehr Angst und Unsicherheit“, so Jana Weidhaase, Sprecherin des Bayerischen Flüchtlingsrats. Dieser verlangt die sofortige Schließung der „Transitlager“ und eine möglichst dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen. „Je besser die Menschen hier integriert sind und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, desto weniger Kriminalität und Konflikte. Die Staatsregierung hat das selbst in der Hand.“

Ob tatsächlich von Flüchtlingen eine gestiegene Kriminalitätsrate ausgehe, sei nicht so wichtig. „Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung soll so gestärkt werden. Zu diesem Zweck sollen Flüchtlinge noch mehr Kontrollen unterworfen werden.“ Unbestritten führe die Unterbringung einer großen Zahl von Menschen in Sammellagern, das heißt auf engstem Raum, ohne Privatsphäre, Überwachung durch Security, starke Abgrenzung von Innen und Außen, schäbige Lebensumstände, erzwungene Untätigkeit – zu einer Steigerung von Konflikten und berge ein höheres Potential für Delikte, so der Flüchtlingsrat. „Aber die Einrichtung großer Lager ist die Idee und im Interesse der Staatsregierung. Eine schnelle dezentrale Unterbringung würde viele dieser Probleme erst gar nicht verursachen.“ Bessere Unterbringungsbedingungen und Arbeitserlaubnisse, also Teilhabe statt Ausgrenzung, würden viele der Kontrollen und sonstige Maßnahmen für die Polizei überflüssig machen. „Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert die Praxis der Kriminalisierung von Flüchtlingen scharf. Vor allem, wenn Hautfarbe und Herkunft der Personen zu Diskussionen über Sicherheit führen. Erst kürzlich beschloss die Stadt eine Obergrenze für nigerianische Flüchtlinge in Ingolstadt.“

Da in einem Transitzentrum, Personen ohne Bleibeperspektive bis zu ihrer Rückführung untergebracht werden, ist es freilich fraglich, ob eine dezentrale Unterbringung und Integrationsbemühungen unter diesen Voraussetzungen machbar und sinnvoll wären. Wie der Pressesprecher der für das Transitzentrum zuständigen Regierung von Oberbayern, Martin Nell, auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt, bestehe das Transitzentrum Manching/Ingolstadt neben der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm aus weiteren drei Standorten im Stadtgebiet von Ingolstadt. Insgesamt befänden sich darin aktuell rund 1.200 Asylsuchende. „Die durchschnittliche Verweildauer der Bewohnerinnen und Bewohner beträgt etwa 124 Tage (Stand Mitte November 2017).“ Im Transitzentrum seien derzeit vor allem Personen aus den so genannten West-Balkan-Staaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Kosovo, Mazedonien) sowie aus der Ukraine, aus Afghanistan und aus Nigeria untergebracht. „Der Anteil des Herkunftslandes Nigeria liegt dabei bei etwas mehr als 50 Prozent (Stand Mitte November). Dieser relativ hohe Anteil resultiert aus dem Gesamt-Zugangsgeschehen nach Oberbayern.“

Es gibt allerdings Anzeichen dafür, dass dieser wieder abschwellen könnte. So griff die Bundespolizei im Bereich der Münchner Güter- und Rangierbahnhöfe in diesem Jahr bisher fast 500 Migranten auf. Der Anteil von Personen mit nigerianischer Herkunft, die vorwiegend über Italien und dann häufig auf Güterzügen kommen, geht jedoch zurück, wie ein Sprecher der Bundespolizei in München erklärte. Im ersten Halbjahr 2017 seien unter den Aufgegriffenen vor allem Migranten aus Eritrea gewesen, während es sich im zweiten Halbjahr vor allem um Menschen aus Sierra Leone gehandelt habe. Die Spannbreite an Nationalitäten sei insgesamt größer geworden.
 

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