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Revoluzzer mit Steuernummer

(Scheyern, rs)

Hans Söllner wird heuer 60, er ist verheiratet und hat2 Kinder; das ist zunächst nichts Ungewöhnliches. Jedoch ist er auch heute noch bekennender Drogen-Konsument und wegen andauernder Querelen wahrscheinlich der Schrecken der gesamten oberbayrischen Justiz. Der Sänger, Liedermacher, Kabarettist oder einfach nur Geschichtenerzähler gab sich nach 2 Jahren auf Einladung der Skasa Event mal wieder beim Scheyrer "Kleinkust im Gewölbe" die Ehre.

Und es waren überraschenderweise nicht die Fans von vor 40 Jahren, die für 2 ausverkaufte Veranstaltungen sorgten, sondern ein überwiegend junges Publikum, das sich begeistert zeigte von der Flapsigkeit der Worte und seiner äußerst kritischen Sichtweise im Umgang mit Obrigkeit und Gesellschaft. Es werde heutzutage so viel politisches Kabarett gemacht, da wolle er sich tunlichst 'raushalten; ganz sicher werde er auch aufhören, permanent Petitionen einzureichen oder zu unterschreiben - oder es zumindest sehr stark reduzieren, kommt die Einschränkung sofort im Nebensatz. Denn Söllner wäre nicht er selbst, wenn er aufhören würde, seine gerade und unkomplizierte Sicht auf die Dinge zu verdrehen. Einer wie er kann das einfach nicht.

Stattdessen appelliert er an das Publikum, für ein Jahr keine Hendl mehr zu konsumieren, bis endlich die überhand nehmenden Hendlwagen aus den Ortsbildern verschwunden seien. Diese Aktion sei sinnvoll und vor allem auch umsetzbar, während man - und auch das hatte er scheinbar als mögliche Aktion ins Auge gefasst - die Leute nun wirklich nicht auffordern könne, keine Pornos mehr zu schauen. Überhaupt sei er - zumindest nach außen hin - bürgerlicher geworden. "Ich habe ja heute schließlich auch eine Steuernummer." Und herausgefunden habe er auch, dass eine Veranstaltung, in der in den ersten 41 Minuten nicht gesungen werde, ein Musikkabarett sei, das mit nur 6% besteuert werde, wohingegen es anderenfalls ein Konzert wäre mit einem viel höheren Steueranteil von nämlich 19%. Söllner auf dem Weg zum kapitalistisch denkenden und agierenden Künstler - man höre und staune! Glauben jedoch mag man es nicht wirklich.

Ansonsten geht es in seinen Geschichten und Anekdoten in erster Linie um seine Lieblingsthemen, die sich über die Jahrzehnte seiner Bühnenpräsenz nicht verändert haben: die "Begegnungen" mit Polizei und Justiz sowie deren von ihm immer und immer wieder angeprangerter Machtmissbrauch, seine Forderung nach Legalisierung von Marihuana oder auch die Kritik an der Politik der "C"-Parteien. Neu hinzugekommen ist das Kokettieren mit seiner Lebenserfahrung: "In meinem Alter gibt man keine Konzerte, da macht man Seminare." Der Titel des Scheyrer Seminars sei: Wir üben uns in Toleranz und Geduld.

Wie dieser Mann tickt und wie selbstverständlich gleichgestellt er den staatlichen Organen gegenübertritt, zeigt nachfolgender Dialog, den er dem Scheyrer Publikum zum Besten gab (frei nacherzählt, im Sinn aber garantiert nicht verfälscht):
Söllner vor Gericht an den Richter: "Zeigen Sie mir mal Ihre Zulassung."
Richter: "Das müssen Sie mir schon glauben, dass ich hier am Gericht als bestellter Richter tätig bin."
Söllner: "Aber ich bin unschuldig."
Richter: "Deswegen sind wir ja hier zusammen gekommen, um das zu bewerten."
Söllner: "Das müssen Sie mir schon glauben, dass ich unschuldig bin."

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