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Hier stehe ich, ich kann auch anders

(Wolnzach, lil)

„Hier stehe ich, ich kann auch anders“ – so der Titel des Kabarett-Programms von Okko Herlyn, der mit Einblicken in die evangelische  Kirche die voll besetzte Auferstehungskirche am Samstag ordentlich zum Lachen brachte. „Die heutige Veranstaltung ist ein Beitrag des Fördervereins des evangelisch-lutherischen Gemeindezentrums zur 1200-Jahr-Feier des Marktes“, begrüßte 1. Vorstand Claudia Schorr die Gäste und erklärte mit einem Schmunzeln vorab: „Heute geht’s um Luther, Sie können ja einmal darauf achten, was davon noch zeitgemäß ist.“

Doch bevor der studierte Theologe Okko Herlyn, der seit sieben Jahren auch als Kabarettist quer durch Deutschland tourt, in den Abend einstieg, warnte er sein Wolnzacher Publikum erst einmal vor: „Wenn Sie jemals nach Wolnzach kommen – ich weiß ja nicht, ob Sie schon einmal da waren, dann fragen Sie bloß niemals nach dem Weg!“. Am Ende nämlich wissen man zwar alles über jeden, nur nicht, wie man eigentlich in die Klosterstraße findet. Doch dann leitete Herlyn zum eigentlichen Thema über: Martin Luther. Schon jetzt wird mit der Lutherdekade über zehn Themenjahre hinweg auf das Jahr 2017 zugesteuert, denn dann jährt sich die Reformation zum 500sten Mal. „Doch warum wird Luther eigentlich gefeiert?“, fragte sich der Theologe, „etwa nur weil er seinerzeit ein paar rostige Nägel in eine Kirchentür gerammt hat?“

Nein, natürlich nicht, sondern weil Luther einer der maßgeblichen Köpfe der Reformation war und sich erstmals von der Rolle des katholischen Papstes distanzierte. Die Kirche bestehe schließlich nicht nur aus dem Klerus, sondern aus uns allen. „Wenn wir alle die Kirche sind, kann man aber auch fragen, wozu wir dann noch einen Pfarrer brauchen?“, warf Herlyn ein und verwies damit auf die Position eines anderen Reformators aus Genf, Johannes Calvin, der beispielsweise auch die Prädestinationslehre, also Vorbestimmungslehre, prägte. „Auch hier gilt es aber, nachdenklich zu werden, denn wenn alles wirklich vorbestimmt ist, warum sollten wir uns dann hier auf der Erde noch am Riemen reißen?“, stellte der Kabarettist in den Raum und gab folgenden, aus dem Alltag gegriffenen Satz zu bedenken. „Ne Schatz, das ist ja vorbestimmt, dass ich jetzt die Sportschau zu Ende schau, da musst du jetzt halt selbst den Müll rausbringen.“

Viele Einblicke gab Herlyn mit Songs und Satire auch in den Alltag der modernen Pfarrer. Diese müssten heutzutage heiratswilligen Pärchen schon mal erklären, dass der Trauspruch nicht aus dem Kleinen Prinzen, sondern aus der Bibel stammen sollte. Dabei, so Herlyn, schätze er vor allem die einfühlsamen Seelsorger, die nicht im Befehlston zum Beten aufrufen, sondern nett anmerken: „Ich bitte Sie nun, zum Vater Unser aufzustehen, natürlich nur, sofern Sie körperlich, geistig, wirtschaftlich und finanziell dazu in der Lage sind.“

Aufs Korn nahm der Rheinländer auch den Ablauf der meisten Kirchenchöre, denen die Menschen nicht beitreten würden, um Musik zu machen, sondern weil Singen als soziale Möglichkeit empfunden werde. Auch das Wolnzacher Publikum musste so beim Einsingen mitmachen und „Martha möchte morgens manchmal Marmorkuchen machen“ anstimmen. Darüber hinaus kam musikalisch allerdings nicht viel zustande, denn zwischenrein musste Chorleiter Herlyn Geburtstagswünsche, Urlaubsgrüße, Konzertplanungen und Krankheitsgeschichten abhandeln.

Nach einem Hinweis darauf, dass es übrigens auch wichtig sei, auf eine frauengerechte Sprache zu achten – mit dem Erwähnen von Pfarrer und Pfarrerin, Theologe und Thealogin sowie Heiliger Geist und Heilige Geistin könne man später vor Gott nämlich punkten – ging es zum Schluss noch einmal zurück zu Luther und dem Reichstag zu Worms, wo er 1521 widerrufen sollte. Denn trotz allem Gegenwind, der einem manchmal von den Mächtigeren, Reicheren und vermeintlich Klügeren entgegen wehen kann, klein machen lassen, sollte man sich nie, von keinem.

Lang anhaltenden Applaus erntete Okko Herlyn schließlich von seinen Gästen, die sich über strapazierte Lachmuskeln freuten und eine Zugabe einforderten. Dort lernten sie am Ende noch etwas über sich selbst. „Der Wolnzacher liebt den Dreisatz, also den verbalen“, so Herlyn. Aussprüche wie „fa/bel/haft“, „grot/ten/schlecht“ und „sa/gen/haft“ seien da an der Tagesordnung. Zum Abschied dürfte daher der ein oder andere auch das passende Adjektiv zum Auftritt Herlyns gemurmelt haben: „Um/wer/fend“.
 

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