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Gewalt gegen Polizei: Wer schützt die Beschützer

(Wolnzach/Ingolstadt, hr)

Es hört sich an wie in einem schlechten Film, zwei Streifenbeamte werden in Ausübung ihres Dienstes angegriffen und müssen am Ende ohne Dienstfahrzeug vom Einsatzort flüchten. Kein Szenario eines Fernsehkrimis – in Wolnzach ist dies vor kurzem bittere Realität geworden. Ein Routineeinsatz geriet außer Kontrolle und endete mit fünf verletzen Beamten.

Natürlich gehört Gewalt gegen die Polizei in der Hopfenmetropole nicht zum Alltag und man kann hier in Wolnzach von einem Einzelfall sprechen, dennoch sind die Zahlen landesweit erschreckend. Auch aus diesem Grund lud die CSU zur Diskussion in den Ingolstädter Orbansaal. Knapp 2000 Beamte werden in Ausübung ihrer Pflicht verletzt. Alleine im Einsatzgebiet der Polizeiinspektion Oberbayern Nord kam es 2013 zu 650 Übergriffen mit 179 Verletzten. „Eine Stagnation auf hohem Niveau“, so Polizeipräsident Walter Kimmelzwinger. So stellt man sich doch auch zu Recht die Frage, wer schützt eigentlich jene, die uns schützen sollen?

Grundsätzlich kann man einen Wandel beobachten. Es ist opportun geworden, Widerstand zu leisten. Hinzu kommen laut Walter Kimmelzwinger zwei Phänomene. Zum einen ein zum Teil übermäßiger Alkoholkonsum,der die Hemmschwellen sinken lässt und, was seiner Meinung nach weiterhin Probleme verursacht, ist der Wegfall der Sperrzeiten. „Früher war ab 2.00 Uhr Ruhe auf den Straßen. Heute sind wir von 23.00 bis 6.30 fast im Dauereinsatz“, so der Polizeipräsident. Auch der Notfallmediziner Dr. Tresch konnte dies nur bestätigen: „Die Übergriffe werden nicht nur immer häufiger, sondern auch heftiger.“ Selbst Rettungssanitäter sind davor nicht gefeit. Die überwiegende Mehrheit der Fälle – rund 85% - haben einen Alkoholhintergrund.

Wie also soll man all jene schützen, die im Dienste der Gesellschaft stehen? Auch Professor Dr. Wilhelm Schmidbauer, Landespolizeipräsident, konnte hier keine pauschale Antwort geben. Klar ist aber auch für ihn, dass der Alkohol und die Gewalt in der Gesellschaft, wie man es beispielsweise schon in Hamburg erleben konnte, die beiden Hauptproblemfelder sind. „Die Polizisten stehen dann immer an vorderster Front und müssen den Kopf hinhalten.“ Dabei bemängelt Schmidbauer, dass in der Gesellschaft zunehmend die Werte verloren gehen. Dies führt letzen Endes auch zu einer Respektlosigkeit gegenüber den Beamten. „Wenn dann noch Alkohol im Spiel ist, dann ist die Uniform sekundär“, so Walter Kimmelzwinger.

„Als Polizist hast man hier nur die Möglichkeit, mit Worten auf die Personen einzuwirken und sie so zu beruhigen“, erläutert ein erfahrener Beamte aus Ingolstadt. Gleichwohl fügte er hinzu, dass man schon auch mal die entsprechenden Personen am sprichwörtlichen „Krawattl“ packen muss. Ein Problem, das in diesem Zuge Polizeipräsident Kimmelzwinger ansprach, ist die Ausrüstung. Mit Reizgas und einer Schusswaffe geht es für die Polizisten zum Einsatzort. Dabei zeigt sich immer häufiger, dass Reizgas eben nicht die gewünschte abschreckende Wirkung hat, die Hemmschwelle zum Gebrauch der Schusswaffe jedoch relativ hoch ist. „Dazwischen haben wir im Moment nichts.“

Eine Möglichkeit diese Lücke zu schließen, wären seiner Meinung nach, Teaserwaffen. Diese Waffen haben abschreckende Wirkung. Zusätzlich könnten auch Kameras, die die Polizisten am Körper tragen, das Geschehen dokumentieren. Während Polizeibeamte aus der Praxis dies unterstützten, vor allem, weil diese Bilder auch vor Gericht eine andere Wirkung hätten, äußerten sich Polizeipräsident Walter Kimmelzwinger und Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer hierzu eher kritisch. „Hier gäbe es gleich mehrere Punkte zu beachten, einerseits die gesellschaftliche Akzeptanz, aber auch den Datenschutz.“ Gleichzeitig verwies er auch auf die derzeitigen Hürden einer Öffentlichkeitsfahndung.

Insgesamt zeigte sich in der Diskussion das Bild, dass Gewalt zum Alltag der Polizeibeamten gehört. Eine einfache Lösungsstrategie jedoch gibt es nicht. „Wir müssen als Gesellschaft Gewalt ächten“, so Schmidbauer. Für dieses Ziel müssten aber letztlich alle an einem Strang ziehen. Damit sprach er auch Eltern und Lehrer an, die den Heranwachsenden entsprechende Werte vermitteln müssten. Dies jedoch ist eine langfristige Herausforderung, die die gesamt Gesellschaft betrifft.

Gleichzeitig wurden schon 2000 neue Stellen für die Polizei geschaffen. „Dies wollen wir auch in den kommenden Jahren so beibehalten“, so Schmidbauer, der versprach auch bei der Politik für mehr Personal einzutreten. Seitens der aktiven Beamten kennt man die Probleme. Man wünscht sich deshalb gerade auch mehr Rückhalt seitens der Legislativen und Exekutiven, aber auch, dass die Gerichte den Strafrahmen ausschöpfen, denn ansonsten siegt am Ende die Resignation.
 

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