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Taucher im Pfaffenhofener Faulturm

(Pfaffenhofen, aem)


 

Seit einigen Tagen reiben sich Autofahrer auf der B13 oftmals staunend die Augen, wenn sie von Heimpertshofen kommend in die Stadt einfahren. Denn auf der linken Seite tut sich etwas. Genauer gesagt auf den beiden Faultürmen der städtischen Kläranlage an der Joseph-Fraunhofer-Straße. Dort ist zurzeit eine Hamburger Spezialfirma damit beauftragt, den Klärschlamm bei laufendem Betrieb abzutragen. Ein Spektakel, wie es nur alle 20 Jahre vorkommt.


 

 

Mit einer Tauchausrüstung wie anno dazumal steigen die furchtlosen Männer in die 23 Meter tiefen Faultürme hinab. Der Grund: Es hat sich Klärschlamm meterdick an den Wänden abgelagert. Dieser Schlamm wird nun bei laufendem Betrieb abgetragen.


 



12 Tage sind momentan für die Hamburger Spezialfirma, die europaweit tätig ist, veranschlagt. Fünf Mann hoch ist der Trupp und es werden pro Tag 4 Tauchgänge hintereinander absolviert. Jeder der Taucher, die entweder früher bei der Armee Kampftaucher oder auch Minentaucher waren, bleibt für 2 ½ Stunden in der dunklen Brühe. „Ich steige jeden Tag als erster hinab“, erzählt Firmeninhaber Siegfried Richter. „Wenn meine Männer dann nach den Tauchgängen hochkommen, ruhen sie sich erst einmal kurz aus, bevor sie dann noch andere kleinere Arbeiten erledigen können. Schwere Arbeiten sind dann nicht mehr erlaubt.“ 720 Tonnen Schlamm wird die Firma in den 12 Tagen abpumpen. „Eine ganze Armlänge, also von den Schultern bis zu den Fingerspitzen, baut sich in 20 Jahren fester Schlamm auf“, erläutert Richter.
Der Kostenfaktor: € 100.000 sind von den Stadtwerken hier veranschlagt.

 


 

Anhand einer Schautafel erklärte Dr. Sebastian Brandmayr, der technische Leiter der Stadtwerke Pfaffenhofen, die Wasseraufbereitung des Pfaffenhofener Wassers.
„In den beiden Faultürmen werden organische Substanzen wie in einer Biogasanlage vergärt und durch diesen Vergärungsprozess entsteht Methangas und CO². Dieses Methangas wird von den Klärwerken dazu genutzt, um wiederum Strom und Wärme für unser eigenes Werk zu generieren. Die beiden Faultürme sind sehr groß; jeder fasst über 2000 Kubikmeter. Seit 1971, also seit es dieses Klärwerk gibt, stehen die beiden Faultürme. Sämtliche Schlämme und organische Substanzen gären aus und fallen dann zum Boden hinunter. Durch die Hamburger Spezialfirma gelingt es uns, den Schlamm abzuziehen und dann umweltfreundlich zu entsorgen. Allerdings muss dies ja mechanisch von Hand gemacht werden, also rücken die Tauchtrupps an. Wir hier in Pfaffenhofen erfüllen bereits heute schon die Anforderungen, die erst in ein paar Jahren gelten werden. Wir gewinnen nämlich Phosphor zurück,“ erklärte Dr. Brandmayr

 


 

Franziska Heigl ist die Klärwerksmeisterin und hat sechs – männliche – Angestellte unter sich. Sie erinnert sich: „Ich bin schon 29 Jahre bei den Stadtwerken. Das letzte Mal, als der Schlamm hier entfernt wurde – im Übrigen auch von der Firma Richter – geschah dies so, dass wir einen Faulturm nach dem anderen außer Betrieb gesetzt haben. Also es wurde das gesamte Wasser abgelassen, der Schlamm beseitigt und dann quasi neu befüllt. Heute erfolgt die Reinigung während des Betriebes.“

 


 

v.l.n.r.: Anke Reuter-Zehelein, Leiterin Marketing & PR der Stadtwerke, Dr. Sebastian Brandmayr, technischer Leiter der Stadtwerke und Martin Gebhardt, Leiter Wasserwirtschaftsamt

 

Anke Reuter-Zehelein erklärte weiter: „Die Phosphor-Rückgewinnung ist ein ganz wesentlicher Teil zur Zellerneuerung beim Menschen, aber auch der Natur. Man versucht durch diese Prozesse eine Nachhaltigkeit zu erreichen, den Phosphor zurückzugewinnen, um diesen dann der Natur wieder zurückführen zu können. Sei es als Düngemittel oder als Zuschlagsstoffe. Deswegen haben wir schon weit vor allen gesetzlichen Verpflichtungen den Schritt gewagt und die Spezialfirma kommen lassen.“

 

 

 

 

Die zentrale Kläranlage in Pfaffenhofen ist für 54.000 so genannte Einwohnergleichwerte (EW) ausgelegt. Derzeit sind ca. 24.000 Einwohner angeschlossen: in der Stadt Pfaffenhofen und ihren Ortsteilen Förnbach, Niederscheyern, Heißmanning, Streitdorf, Haimpertshofen und Sulzbach sowie den Gemeinden Hettenshausen, Ilmmünster und Scheyern, die im Abwasserverband Gerolsbach-Ilm zusammengeschlossen sind. Die Kläranlage kann bis zu 18.400 Kubikmeter Schmutzwasser je Tag reinigen. Bei Regen können bis zu 500 Liter Abwasser pro Sekunde der Kläranlage zufließen. Mit 180 Kilometer Kanälen führen sie das Abwasser zur Kläranlage. Für Instandhaltungen und Modernisierungen bei den Kanälen und im Klärwerk investieren die Stadtwerke laufend.
„Die Leute werfen alles mögliche in die Toilette. Am schlimmsten aber sind die feuchten Toilettentücher. Die zersetzen sich nämlich nicht und bleiben dann bei uns hängen“, ärgert sich Martin Gebhardt schlussendlich bei einer Führung über die gesamte Klärwerksanlage.

 

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