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Sie sind eine Schau, Frau Sägebrecht!

(Pfaffenhofen, ce)

Steffen Kopetzky begrüsst die Schauspielerin

Humorvoll ist sie, sinnlich, philosophisch, witzig und vor allem herzlich. Zur Lesung von Marianne Sägebrecht waren viele Frauen in den Rathaussaal gekommen und ein paar versprengte Männer, um die Schauspielerin zu hören. Es war sofort klar, sie spielt nicht in ihren Filmen, sie ist ganz genau so. Auf Einladung des neuen Pfaffenhofener Kunstvereins und der Buchhandlung Pesch kam sie, nicht nur um als besonderer Höhepunkt des Kultursommers zu lesen, sondern um gleichzeitig ein Hörbuch entstehen zu lassen. Sie las aus ihrem neuen Buch „meine Jahreszeiten“ und was an diesem Abend entstand, wird im Herbst als Hörbuch herauskommen, ein akustisches Original aus Pfaffenhofen. Steffen Kopetzky freute sich in seiner Begrüßung ganz besonders, eine international anerkannte Schauspielerin begrüßen zu dürfen. Marianne Sägebrecht, die zweieinhalb Jahre zur inneren Einkehr in der Hallertau gelebt hat, bedankte sich bei allen, die in den ehrwürdigen Saal gekommen waren. Berühmt geworden ist sie mit Filmen wie „Zuckerbaby“ und „Out of Rosenheim“, aber auch als Wirtin des Mutti-Bräu, wo sie zahlreiche schwule Freunde und Künstler um sich scharte.

Sie erzählt aus ihrem Leben, von den Menschen, die sie prägten, allen voran ihre Mutter, einer sanften Heldin, den Großeltern, dem Pfarrer. Es vermischen sich Pflanzen und Engel, reale Menschen und Kontinente zu wunderbar leichten, wehmütigen Erzählungen. Man oder besser frau lauscht freudig, wenn sie das ganze Leben als „Dramödie“ bezeichnet und sich selbst als alte, asiatische Seele, geerdet in einem bayerischen Körper. Jeder Mann muss ein guter Gärtner sein, lässt sie ihre Zuhörerinnen wissen und dass ihr Leben noch nie so gut war wie nach den Wechseljahren. Und wechselvoll war ihr Leben, das sie viele Jahre mit Mutter, Schwester und Tochter in Schwabing verbrachte. Ihr Buch von den Jahreszeiten ist wie ein Kalender in Monate unterteilt und orientiert sich an Pflanzen, die die leidenschaftliche Gärtnerin faszinieren. Marianne Sägebrecht wurde im August 1945 geboren, ihren Vater lernte sie nie kennen, er fiel wenige Monate zuvor, aus ihr wurde eine leidenschaftliche Pazifistin, so wie sie alles mit tiefer Leidenschaft macht. Sie erzählt von ihrer glücklichen Kindheit im Chiemgau, das einst so wilde Kind lädt ein zur Karawane der Erregung öffentlicher Freude.

Der Geiger: Wehmütig und sinnlich

Sie liest wie sie spielt: Leidenschaftlich

Wild ist sie geblieben, wenn sie sich Frau Holle nahe fühlt oder dem schwarzen Holunder. Sie nennt sich selbst schlicht Volksschauspielerin, aber das ist sie auch in der Lesung so sehr, dass mühelos zu den Worten Bilder entstehen. Sie liest nicht von den Personen und Situationen, sie zaubert die Zuhörer direkt in die Geschichten. Einen Geiger hat sie mitgebracht, einen jungen und – wie sollte es anders sein – leidenschaftlichen Musiker. Er entführt zwischen den Kapiteln ins schwere Osteuropa, in wehmütige Klassik. Herrlich komisch das vermeintliche Pressegespräch mit der Putzfrau, wild die Drehzeit in Namibia, wo sich auch der Zuhörer buchstäblich nur knapp der Hölle entronnen fühlt. Marianne Sägebrecht hat ein großes, offenes Herz, mit dem sie den schwülen Rathaussaal sofort ausfüllt und sie nimmt sich selbst erfrischend wenig ernst. Sie mischt fröhlich Philosophen aller Erdteile zu einer ansteckend lebenslustigen Einstellung, die Freude ist echt, die Schlange zum signieren des Buches entsprechend lang. Und so ist sie eine Schau, auch wenn sie liest und nicht spielt. Frau Sägebrecht, kommen Sie doch einmal wieder! 

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