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Mörder und Verräter in Reichertshofen - und obendrauf noch Hexen

(Reichertshofen, rt)

 

Über 70 interessierte Einwohner, darunter Räte aus allen im Reichertshofener Gemeinderat vertretenen Fraktionen, waren bei der gestrigen Bürgerversammlung für den Markt selbst im örtlichen TSV-Vereinsheim. Nachdem Bürgermeister Michael Franken (JWU) den obligatorischen Überblick zum Geschehen in der Gemeinde gab, war die Reihe an den Bürgern, die beinahe eine Stunde lang ihre Fragen stellten. Dabei standen die Paarhalle und der Hochwasserschutz im Vordergrund. Der Abend nahm dann aber überraschend noch ein humorvolles Ende.

Ob denn Rücklagen für den Wasserkanal vorhanden seien, wollte eingangs der Veranstaltung ein Bürger wissen. Hintergrund hierzu war, dass der Fragesteller angab, dass es in Reichertshofen etwa zur Hälfte Selbstnutzer von Wohneigentum gebe und die andere Hälfte bestünde aus Mietern; jene nutzten Wasser und Kanal ebenso, würden aber im Gegenzug nicht wie der Eigentümer finanziell herangezogen, falls es zu Reparaturen käme. Diese Frage verneinte Franken und wies, - bevor er auf die Hintergründe dazu noch näher einging - darauf hin, dass es nach dem kommunalen Abgabengesetzt eine Kalkulation über vier Jahre gebe und die Gemeinde dürfe dabei keinen Gewinn machen; falle doch einer an, so sei dieser in die folgende Kalkulation zu übertragen.

Hochwasser bleibt aktuell

Wofür man eine Hochwasser-Risikoanalyse gebraucht habe und was sie kostete, ob der von der Gemeinde bereits gemachte Hochwasserschutz berücksichtigt worden war, waren weitere Fragen. Nichts habe sie gekostet, antwortete der Bürgermeister und es sei eine Maßnahme des Freistaates Bayern gewesen (Hinweis d. Red.: Unter der Internetadresse www.lfu.bayern.de/wasser/hw_risikomanagement_umsetzung/karten_download/pe_tabelle.htm?pr=d2&pe=d22 ist das Kartenmaterial beim Bayerischen Landesamt für Umwelt einsehbar).

Berücksichtigt worden sei zwar der Damm, nicht jedoch der nicht planfestgestellte Verschluss, so Franken. Auf die Frage nach einem Loch dahinter gab das Ortsoberhaupt zur Antwort, dass dies dazu da sei, bei einem "Katastrophalen Regenereignis" das Wasser aus der Ortschaft herauszuleiten. Das Fußballfeld als Auffangbecken zu nutzen, wie ein Vorschlag aus den Reihen der Bürger kam, erteilte Franken eine Absage: "Wir wollen das Wasser ja nicht mehr im Ort haben."

Dauerbrenner Paarhalle

Aktuell Sorgen machten sich einige Bürger der Zustand der Paarhalle, nachdem in einer Lokalzeitung davon berichtet worden war, dass sie, in die Jahre gekommen, abgewirtschaftet sei; zudem wurde die Frage gestellt, welche Unterhaltskosten beziehungsweise Einnahmen erwirtschaftet würden. Franken erklärte dazu, dass die Situation als solche schon seit vielen Jahren bekannt sei. Ein Anbauplan aus dem Jahr 2001/2002 sei deshalb damals im Gemeinderat abgeschmettert worden. Die Paarhalle sei bereits seit einiger Zeit sanierungsbedürftig und als Thema auch immer wieder auf den Bürgerversammlungen der vergangenen Jahre gewesen. Seit 2006 - nach dem Einsturz der Eislaufhalle in Bad Reichenhall - werden alle zwei Jahre, so Franken, eine Hallenuntersuchung und Gutachten zur Statik gemacht. Die falsch verwendeten Leimbinder, wie es in Reichenhall der Fall war, seien bei der Paarhalle als nicht als bedenklich eingestuft worden. So dramatisch wie es in der Lokalzeitung dargestellt worden war, sei es in der Wirklichkeit nicht. "2010 stand darin noch, dass die Statik in Ordnung ist", so Franken. Erst bei der erneuten Untersuchung im vergangenen Jahr seien statische Probleme entdeckt worden. Von einer Einsturzgefährdung könne aber nicht die Rede sein. Mit der Paarhalle habe die Gemeinde im vergangenen Jahr 62.967 Defizit gemacht. "Man muss sich überlegen, welch Aufwendungen man hat, was ein Neubau kostet und welchen Bedarf man überhaupt hat", erklärte Franken. Die Zukunft der Paarhalle müsse unter anderem vom Gemeinderat unter Abwägung unterschiedlichster Aspekte genau überlegt werden.

Die eventuelle Erneuerung der Fahrbahndecke in der Xaveristraße war ein weiteres Thema. Diese werde, so der Bürgermeister, aufgefräst, damit vermeide man auch ansonsten entstehende Ausbaubeiträge für die Anwohner.

Großkotze aus Ingolstadt

Ein Handwerker monierte die Vergabepraxis bei gemeindlichen Sanierungsaufträgen und sah die ortsansässigen Unternehmen benachteiligt beziehungsweise gar nicht berücksichtigt. Es würden sogar die teuersten Angebote von Firmen aus der weiteren Umgebung angenommen: "Warum muss ein Großkotziger von Ingolstadt kommen und muss das machen?" Franken sagte dazu, dass es bestimmte Vergaberichtlinien gebe, die auch einzuhalten seien. Unter anderem gehe es dabei auch um Korruptionsvermeidung, wenn Angebote auch aus einem weiteren Umfeld eingeholt werden müssten. "Am Ende müssen wir den nehmen, der uns das wirtschaftlichste Angebot gemacht hat."

Wasserschutz am Wasserhaus

Ein weiterer Fragepunkt waren die vom Friedhof zum Wasserhaus versetzten Glascontainer, wo auch ein Wasserschutzgebiet sei, wie der anfragende Bürger betonte. Wissen wollte er, ob die Standortsuche damit abgeschlossen sei. Dies bejahte der Bürgermeister und ergänzte: "Egal wo man sie hinstellt, es passt keinem." Das dortige Wasserschutzgebiet stelle kein Problem für den Standort dar.

Mörder und Verräter in Reichertshofen

Eher humorvoll endete die Bürgerversammlung mit der Anmerkung eines Reichertshofeners, der die Inhaftierung des im 19. Jahrhundert aktiven Raubmörders Ferdinand Gump historisch korrekt verortet wissen wollte: "Wolnzach brüstet sich, dass sie den Gump gefangen haben und ihn dort eingesperrt haben." Dabei sei dieser in Reichertshofen im Juni 1873 in Haft gewesen und dazu habe er noch mit einem Zeitzeugen gesprochen, der bestätigte, dass er vom dortigen Bahnhof unter großer Beteiligung der Bevölkerung nach München verbracht worden war. Darüberhinaus lebte im Markt der 1830 dort auch verstorbene Franz Raffl, der als "Judas von Tirol" das Versteck das damaligen Freiheitskämpfers Andreas Hofer an die Truppen Napoleons verraten hatte. In der Marktgemeinde habe man ja auch noch einen Hexenturm. "Den könnte man ja wieder ein bisschen aufbauen für den Fremdenverkehr!" - natürlich mit einigen Hexen drin. Franken meinte zweideutig dazu, dass die Wolnzacher den Gump gefangen hätten, und die Reichertshofener ihm Unterschlupf gewährten, ebenso wie Raffl. Dem Bürger legte der Bürgermeister lachend die Teilnahme am Leaderprogramm nahe, dort gebe es Möglichkeiten, sich in der Kultur- und Tourismusförderung einzubringen. Daraufhin legte der Reichertshofener nach und stellte klar, dass auch der Römerstein am falschen Ort stünde: "Der g'hört wieder beim Heiglbeck hi - da Cäsar wenn aufsteh'n tat, der tat euch was flüstern."



 

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