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Heisser Streit um Gas-Fernleitung

(Ernsgaden, wk)

Der Bayrische Bauernverband hatte eingeladen und viele Landwirte und Hopfenbauern kamen ins Gasthaus Riedmeier nach Ernsgaden, um ihren Unmut über die geplante Erdgas-Fernleitung loszuwerden. Denn im Rahmen des Raumordnungsverfahrens hatte die Bau- und Betreibergesellschaft für die Ferngasleitung, die „Open Grid Europe“, das erneute Gespräch mit den betroffenen Landwirten gesucht, nachdem diese schon für ein Protestschreiben über 500 Unterschriften gesammelt hatten.

die ganz grobe Planung der Gasleitung von Forchheim über Finsing nach Burghausen

Die frühere Eon-Ruhrgas Gesellschaft, heute die „Open Grid Europe“, ist die größte Erdgastransportgesellschaft Deutschlands und betreibt ein Erdgasnetz von über 12.000 Kilometern Länge in Deutschland. Aufgrund des Energiewirtschaftsgesetzes hat das Unternehmen den Auftrag, zur Sicherstellung der Gasversorgung in Bayern eine 83-km lange Erdgas-Hochdruckleitung von Forchheim nach Finsing (Landkreis Freising) zu bauen und zu betreiben. Der Leitungsdurchmesser beträgt 1 Meter. Die Leitung soll 2018 in Betrieb gehen.

Franz Sedlmeier, BBV-Geschäftsstelle München

Bauernverbandsvorsitzender des Landkreises, Max Weichenrieder, begrüßte die Landwirte und die insgesamt acht angereisten Vertreter des Gasnetz-Betreibers. Der Vertreter der Hauptgeschäftsstelle des Bayrischen Bauernverbandes, Franz Sedlmeier, führte in das Thema ein. Danach sei bereits am 27. November 2014 die erste grobe Trassenplanung vorgestellt worden sowie der Ablauf des Genehmigungsverfahrens. Dabei sei bei den Landwirten aus der Region eine tiefe Betroffenheit ausgelöst worden. Dies gerade in einer Situation der knappen landwirtschaftlichen Flächen und der Diskussion über Polderbauten im Rahmen des Hochwasserschutzes sowie der Zunahme von Gewerbe- und Siedlungsflächen. Aufgrund der Reaktion der Landwirte und nach Gesprächen mit Vertretern der betroffenen Gemeinden hat der Bauernverband eine Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren erstellt und gibt sie die nächsten Tage bei der Regierung von Oberbayern mit entsprechenden Erläuterungen ab. Kritikpunkte sind generell u.a. der Flächenverbrauch, der Bodenschutz, die Ressourcenschonung und die Trassenführung. Kritisiert wird vor allem, dass die geplante Trasse nicht parallel zur bereits bestehenden Bayerngas-Trasse geführt werden soll und dass sie nicht durch den Dürnbucher Forst führt, sondern durch unberührte Hopfenfelder. Hier sehen sich vereinzelte Betriebe in ihrer Existenz bedroht. Man könne eine Paralleltrasse nutzen und somit nicht weitere Betroffenheit produzieren, so Sedlmeier. Durch die 500 Unterschriften wolle man der Regierung auch nachweisen, dass nicht nur der Verband dagegen ist, sondern auch die Landwirte selber – es sei keine Unterschriftenaktion gegen eine Trasse, sondern für die Parallelführung gewesen.

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Dr. Andreas Bala                                               Planer des Unternehmens

Der Jurist des Unternehmens „Open Grid Europe“, Dr. Andreas Bala, versuchte gleich zu Beginn der Veranstaltung zu beschwichtigen: Nicht die Anwesenden seien der Hauptwiderstand im Verfahren, sondern Betroffene und deshalb wolle man von Unternehmensseite bereits jetzt im Vorfeld die Gespräche mit den Betroffenen führen und er versprach gute Angebote zum Bodenschutz. Seine für Planung zuständigen Kollegen, versuchten anhand von Plänen und einer PowerPoint-Präsentation die Planung und den Trassenverlauf zu erläutern, wurden von den anwesenden Landwirten jedoch immer wieder unterbrochen. Sie führten aus, dass das Raumordnungsverfahren seit November 2014 laufe und das darauf folgende Planfeststellungsverfahren Mitte 2016 fertig sein soll. Mit Vorarbeiten in 2017 und Schwerpunkt 2018 soll der Bau abgeschlossen sein, wenn nicht, erwartet das Unternehmen von der Bundesnetzagentur eine Konventionalstrafe. Das Unternehmen versuche alle möglichen Kriterien zu berücksichtigen, dabei sind 19 Kommunen und 5 Landkreise betroffen und die Pläne müssen mit den generellen Planungen des Landes, der Kreise und Gemeinden abgestimmt werden. Man habe in der Planung einen großen Teil der Trasse parallel zur Bayerngas-Trasse geplant, doch im Gebiet um Neustadt, Ernsgaden, Ilmmünster sei diese Parallelstrecke aufgrund verschiedener technischer und planerischer Einschränkungen nicht möglich, deshalb wurde auch keine Trasse durch den Bannwald im Dürnbucher Forst bei der Planungsbehörde eingereicht.


Den Landwirten war der genannte Abstand zur Bayerngasleitung von 10 Metern viel zu weit, sie forderten geringere Abstände, um so den Bodenverbrauch zu reduzieren, das aber ging laut Planer aus Sicherheitsgründen nicht. Auch das Planer-Argument, man könne durch das Audi-Testgelände und die Gewerbegebiete von Basell und SMP sowie den Kiesabbau keine Leitung verlegen, wurde von den Anwesenden nicht akzeptiert. Man warf den Unternehmervertretern vor, vor der Industrie „zu kuschen“ und dafür lieber die „dummen Bauern“ zu übertölpeln. „Das ist eine ganz linke Geschichte, das haben wir längst schon durchschaut“, so ein Landwirt. Jurist Dr. Bala verteidigte das Vorgehen, da am Anfang der Planung gedacht worden sei, dass die jetzt von den Landwirten ins Spiel gebrachten Vorschläge technisch nicht gingen. Wenn es aber möglich sei, werde man das gerne machen und weitere Varianten in das Raumordnungsverfahren einbringen, doch das müsse vorher alles noch untersucht werden. „Warum habt ihr das nicht gleich geprüft?“ wurde eingeworfen. „Wir betrachten Korridore und prüfen, welche Widerstände da sind und entwickeln Varianten und reichen die dann ein“, so Dr. Bala.


Die Landwirte bemängelten, dass niemand von der Raumordnungsbehörde (Regierung Oberbayern) anwesend sei und warfen den Unternehmensvertretern vor, dass sie mit ihren riesigen Maschinen die Böden zerstören würden, die nie wieder so aufgebaut werden könnten, wie sie vorher waren. Auch sei das niedrige Grundwasser nicht berücksichtigt (Raum Ilmendorf bei 1,5 Metern), denn beim Bau müsste Grundwasser abgepumpt werden und das würde die Felder austrocknen. Auch die geringe Entschädigung durch das Unternehmen wurde beklagt, die Landwirte forderten eine Art Miete für die Nutzung ihrer Felder. „Die Gemeinden kassieren doch auch ihre Konzessionsabgabe von Stromunternehmen, wenn diese ihre Leitungen durch den Boden der Gemeinde laufen lassen“, kam der Vorwurf. Außerdem wurde beklagt, dass sich durch die Leitungsverlegung der Wert des Grundstücks zumindest langfristig verringern würde, falls es einmal Gewerbe- oder Baugebiet werden würde (in 20 oder 30 Jahren). Auch dass Vermessungsbüros einfach auf die Felder marschierten, ohne vorherige Zustimmung der Landwirte, wurde beklagt, „und bei der Industrie wird vorher höflich gefragt“. Und immer wieder ging es um die Forderung, die Trasse durch den Dürnbucher Forst zu führen – hier war zumindest an diesem Abend keine endgültige Einigung zu erreichen.

 

 


 

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